Untergehen ist das Eine, unter der Oberfläche bleiben das Andere. ;-)

Sonntag, 26. September 2010

Kochen mit »Connie« (2)


Ferdsch. Das Photo meine ich. Der Schatten des Fenstergitters ist natürlich Quatsch, weil es das Gitter gar nicht gibt. Aber ich finde, daß es gut zur Jahreszeit und zum heutigen Essenplan paßt. Dieser hat etwas von den Zetteln die Egon Olsen immer Kjeld und Benny verlas, wenn er frisch aus dem Knast entlassen wurde. Allerlei Krimskram der nicht zusammenzupassen schien, aber mächtig gewaltig war. Nur daß dieser hier von Kjelds Gattin Yvonne stammt. Oder genauer von einer kleinen hungrigen Frau. Hunger macht böse, würde jetzt Frau Rot-Weiß-Erfurt sagen – sie weiß, von was sie redet – aber in diesem Fall macht er nur gefräßig. Ich habe keine Ahnung, wer das alles kochen und dann essen soll, und beschließe, nach Rücksprache mit »Connie«, den Rotstift walten zu lassen.


Dies macht sich am besten unter Palmen, an einem Spätsommernachmittag, bei einer versöhnlichen Tasse Kaffee – also auf meinem Balkon. Als Diskussionsgrundlage bietet sich die begrenzte Anzahl von verfügbaren Kochgefäßen an. Damit wären schon mal die Hälfte von Yvonnes Essenswünschen vom Tisch. Von den restlichen 50% fallen nochmal 40% der Scheindemokratie zum Opfer. Abgestimmt wird bei mir nur, wenn es unbedingt notwendig ist, und, wenn das Ergebnis vorhersehbar meinen Interessen dient. Da ich mir die Wünsche meiner Freundinnen zu eigen mache, sind alle mit dieser Verfahrensweise einverstanden. Ansonsten gilt mein Gesetz. Das Wolfsgesetz des kategorischen Imperativs und für mein Zimmer gilt auch die Durchführungsbestimmung der Omertà: »Cu è surdu, orbu e taci, campa cent’ anni ’mpaci. (Wer taub, blind und stumm ist, lebe hundert Jahre in Frieden.)«
Was bleibt, ist also genug zum Leben und in dem Fall zum Essen. Kartoffeln in Kalorienschmiere, mit Käse überbacken soll es nun werden und dazu gibts Bifteki, Tsazikie und Salat. Als Einstimmung darauf kredenzt der Servicetechniker und Hobbykoch Mauf! uns seine kalte Herbstsuppe nach Wandertagsart. Sie sieht lecker aus, und ist reich an gesunden natürlichen Gerbstoffen, aber leider nicht zum Verzehr geeignet. Deshalb verziehen wir uns lieber zum Beutezug in die benachbarte Lagerhalle. Wenn wir dort einfallen, leeren sich die Gänge zu Kampfbahnen ...
Ist der Fischzug beendet, fällt der Startschuß am Küchenradio. Dieser Unsitte kann ich nichts entgegensetzen. Irgendwann werde ich dieses Teil durch eine Zünduhr ersetzen. Ist das Essen nicht in x plus 30min fertig, krachts.


Laut Rezept müssen die rohen Kartoffeln erst geschält, in dünne Scheiben geschnitten und dann angebraten werden, bevor sie, mit der Pampe vermischt, in den Ofen müssen. Genauso gut kann man sie auch erst auf den Mond schießen, und darauf warten, bis sie wieder vom Himmel fallen, so lange dauert daß, bis sie gar sind. Die Zeitsparvariante wäre sie zu kochen, in Scheiben zu schnippeln und zum auflaufen in die Röhre zu jagen. Von mir aus kann man sie auch zwischendurch anbraten. Aber solche Feinheiten sollte man sich sparen. Dachte ich. Yvonne zeigt sich bockig, will um Himmels willen alles richtig machen, und begibt sich zum Kartoffelbereiten auf eine erdnahe Umlaufbahn in die Warteschleife. Die Pfanne wird dort mit Knoblauch ausgerieben und darin die mit Salz und Pfeffer gut geölten Kartoffelscheiben eingeschichtet. Darüber ergießt sich das Kaloriengemisch aus Sour creme, Crème fraîche, Knoblauch und etwas Mayonnaise. Sour creme gibt es nicht in jeder Kaufhalle und es ist genau das Gepansch, was man in jeder Gaststätte auf die gebackenen Kartoffeln geschüttet bekommt. Es besteht zu fast 90% aus Joghurt. Der Rest ist saure Sahne, Öl, Frischkäse und diverse Gewürze. Man kann sich also auch ruhig selbst daran wagen es zu mixen, ohne lange durch die Läden irren zu müssen.


Da das ganze bei 180°C mindestens 60min im Ofen köcheln muß, bevor es mit Edamer Käse überbacken werden kann, bleibt nun genug Zeit, um bis dahin vor Hunger auf trockenem Brot herumzukauen. Oder das Tsazikie vorzubereiten. Das kann »Connie« im Schlaf oder im Stand-by Modus. Quark, saure Sahne, Joghurt, Öl, Salz, Pfeffer und Knoblauch. Die noch fehlende Salatgurke wird später, wenn der Salat geschreddert wird, fein geraspelt beigefügt.
Für das Bifteki braucht man Joghurt, Semmelmehl, Zwiebeln, etwas Öl, Senf, Schafskäse zum Füllen, Salz, Pfeffer, Oregano, Hackfleisch und zum Vermischen drei gewaltbereite Frauen. Ehrlich, beinahe wäre zwischen ihnen eine wüste Schlägerei entbrannt. Ich habe nichts gegen einen ehrlichen Faustkampf zwischen Frauen, bei dem Tritte gegen den Kopf und schon am Boden liegende Gegner nicht gern gesehen werden, aber ich will bald zu Hause und nicht erst spät in der Notaufnahme essen. Ich kann sie ja verstehen: Endlich mal wieder sinnlich Fleisch fühlen, es streicheln, kneten und einfach genießen. Also handele ich folgendenen Kompromiß aus: Jede darf mal, bis zum Ellenbogen, ins wunderbare fremde Fleisch, um es zu kneten, und die anderen dürfen spannen und dabei eine Gurke halten. Na? Wie bin ich? Gu-hu-hu-ut!


Die Hackfleischmasse darf nun etwas ruhen und wir genießen die Zigarette danach auf dem Balkon. Herrlich diese Stille. Ein Idyll – drei entspannte Frauen und ich. Jetzt noch lecker Essen und alle können schön schlafen.


Nun gehts an den Salat. Den mögen Frauen. Wahrscheinlich weil sie da mit scharfen Messern spielen können. Gegen die Gurke wendet »Connie« die Todeskralle der Shaolin an. Da gibts kein Entrinnen. Wehe dem der vor ihr steht und sieht, wie sie die drei Finger krümmt ... Das Messer paßt auch wunderbar dazu. Original nach Damaszener-Art industriell in Japan gefalteter Stahl. Die Rohlinge werden dann in der Solinger Messerschmiede geschliffen und vom Discounter nebenan verschleudert. Erfahrene Schwertkämpfer rümpfen darüber zwar die Nase, aber ich will mir ja mit meinem Essen kein Duell bieten und es dabei ermorden. Es in Stücke schneiden reicht mir.


Da ich es liebe, wenn Frauen bei meinem Anblick andächtig in Ohnmacht fallen, oder ihnen zumindestens die Luft wegbleibt, führe ich mal schnell zur Auflockerung dieses kleine Kunststück auf, daß ich von malaiischen Piraten gelernt habe. Wichtig dabei ist, die Augen fest zu verschließen, falls man kein Blut sehen kann.


Zurück zum Salat. Darüber gibts nichts weiter zu sagen. Nur das Oliven mit Stein da definitiv nicht hineingehören. Auch sollte man eine Schüssel wählen, die groß genug ist, damit man ihn darin auch umrühren kann. So wird das nichts. Aber da kann ich reden und reden und reden – es ist jedesmal dasselbe. Nicht nur bei der Salatschlüssel. Aber da rede ich nicht. Hier greift die Omertà.


Das Dressing für den Salat mixt »Connie« stets selbst. Weinessig, Senf, Öl, Pfeffer, Salz und etwas Zucker. Mehr braucht es dafür nicht. Frau Rot-Weiß-Erfurt nimmt diese Mixtur auch zum Grillen für die Hühnerbrust. Allerdings läßt sie den Essig, Zucker und den Senf weg und nimmt dafür Paprika und Honig. Optional kommt dazu noch ein Schuß Sojasoße.


So, der Edamer Käse ist mit in den Ofen auf den Auflauf gewandert. Jetzt heißt es hurtig die Bifteki braten. Das Hackfleisch wird dabei einfach in Klopsform gebracht, und ein Stück Schafskäse darin versenkt. Anschließend wende man es in Semmelmehl und brate es. Zum Warmhalten legt man es einfach in eine verschließbare Steingutschüssel. Diese auf dem Photo ist nicht etwa angeschlagen, wie man denken könnte, sondern wurde von mir höchstselbst, anläßlich eines vegetarischen Körnerkochversuchs einer mir näher bekannten Frau, verbissen.


Eingedeckt und aufgetischt sieht das Meisterwerk dann in etwa so aus. Die Kerzen kann man auch weglassen. Diese Gefühlsduselei kann unangenehme, oder eben angenehme Erinnerungen bei Frauen wach werden lassen. So versaut man ihnen nur den Essgenuß. Zum Salat ist noch zu sagen, daß er sich jetzt in einer angemessenen Schüssel befindet, – da könnte ich reden und reden und ... – und daß man aus optischen Gründen den Schafskäse entweder nur darüberschüttet oder extra reicht. So milchig verschleimt sieht der aus wie frisch erbr...


Auf dem Teller hübsch angeordnet bietet sich ein einladendes Bild. Es schmeckt sogar hervorragend, wenn man auf das Tsazikie verzichtet. Das verleimt geschmacklich nur alles, so daß man keinen Unterschied zwischen Auflauf, Salat und Käseklops bemerkt. Deswegen sollte man auch auf den Joghurt im Bifteki verzichten, und dafür lieber Ei einarbeiten. Das ist geschmacksneutraler und macht das Fleisch bündiger.


Zu guter Letzt wird die Kalorienorgie mit diversen hochprozentigen Alkoholika heruntergespült. Das erinnert uns an die Zeit, als ich mir die Mädels auf der Straße – genauer auf der Datenautobahn – aufgelesen habe. Schön wars und lang ist es her. Egal. Wo gesungen wird da laß dich nieder, garstig Menschen kennen viele schöne Lieder.

Fieften Fruu up de doden Manns Kist –
Yo-ho-ho un een Buddel vull Rum!

6 Kommentare:

  1. Wo ist der Alkohol? Haste alle Flaschen aus dem Bild geräumt? Ich hoffe, das mit dem roten Deckel war kein Lampenöl! ;o)

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  2. *g* Bei uns gibt es auch eine Scheinkultur: Wir trinken aus Gläsern. Siehe letztes Bild.

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  3. *g* Das Zeug hat 30 Jahre in Eichenholzfässern verbracht. Da ist es doch völlig egal, ob es nun Whisky oder Lampenöl war.

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  4. Was war ist. Nach dieser Dauer schmeckt der Kenner überall eine erdige Nussigkeit mit dezentriertem, weichem Abgang heraus...

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  5. Es geht runter wie Öl sozusagen. Über den einzelnen Abgang bin ich allerdings nicht informiert.

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