Untergehen ist das Eine, unter der Oberfläche bleiben das Andere. ;-)

Sonntag, 26. September 2010

Kochen mit »Connie« (2)


Ferdsch. Das Photo meine ich. Der Schatten des Fenstergitters ist natürlich Quatsch, weil es das Gitter gar nicht gibt. Aber ich finde, daß es gut zur Jahreszeit und zum heutigen Essenplan paßt. Dieser hat etwas von den Zetteln die Egon Olsen immer Kjeld und Benny verlas, wenn er frisch aus dem Knast entlassen wurde. Allerlei Krimskram der nicht zusammenzupassen schien, aber mächtig gewaltig war. Nur daß dieser hier von Kjelds Gattin Yvonne stammt. Oder genauer von einer kleinen hungrigen Frau. Hunger macht böse, würde jetzt Frau Rot-Weiß-Erfurt sagen – sie weiß, von was sie redet – aber in diesem Fall macht er nur gefräßig. Ich habe keine Ahnung, wer das alles kochen und dann essen soll, und beschließe, nach Rücksprache mit »Connie«, den Rotstift walten zu lassen.


Dies macht sich am besten unter Palmen, an einem Spätsommernachmittag, bei einer versöhnlichen Tasse Kaffee – also auf meinem Balkon. Als Diskussionsgrundlage bietet sich die begrenzte Anzahl von verfügbaren Kochgefäßen an. Damit wären schon mal die Hälfte von Yvonnes Essenswünschen vom Tisch. Von den restlichen 50% fallen nochmal 40% der Scheindemokratie zum Opfer. Abgestimmt wird bei mir nur, wenn es unbedingt notwendig ist, und, wenn das Ergebnis vorhersehbar meinen Interessen dient. Da ich mir die Wünsche meiner Freundinnen zu eigen mache, sind alle mit dieser Verfahrensweise einverstanden. Ansonsten gilt mein Gesetz. Das Wolfsgesetz des kategorischen Imperativs und für mein Zimmer gilt auch die Durchführungsbestimmung der Omertà: »Cu è surdu, orbu e taci, campa cent’ anni ’mpaci. (Wer taub, blind und stumm ist, lebe hundert Jahre in Frieden.)«
Was bleibt, ist also genug zum Leben und in dem Fall zum Essen. Kartoffeln in Kalorienschmiere, mit Käse überbacken soll es nun werden und dazu gibts Bifteki, Tsazikie und Salat. Als Einstimmung darauf kredenzt der Servicetechniker und Hobbykoch Mauf! uns seine kalte Herbstsuppe nach Wandertagsart. Sie sieht lecker aus, und ist reich an gesunden natürlichen Gerbstoffen, aber leider nicht zum Verzehr geeignet. Deshalb verziehen wir uns lieber zum Beutezug in die benachbarte Lagerhalle. Wenn wir dort einfallen, leeren sich die Gänge zu Kampfbahnen ...
Ist der Fischzug beendet, fällt der Startschuß am Küchenradio. Dieser Unsitte kann ich nichts entgegensetzen. Irgendwann werde ich dieses Teil durch eine Zünduhr ersetzen. Ist das Essen nicht in x plus 30min fertig, krachts.


Laut Rezept müssen die rohen Kartoffeln erst geschält, in dünne Scheiben geschnitten und dann angebraten werden, bevor sie, mit der Pampe vermischt, in den Ofen müssen. Genauso gut kann man sie auch erst auf den Mond schießen, und darauf warten, bis sie wieder vom Himmel fallen, so lange dauert daß, bis sie gar sind. Die Zeitsparvariante wäre sie zu kochen, in Scheiben zu schnippeln und zum auflaufen in die Röhre zu jagen. Von mir aus kann man sie auch zwischendurch anbraten. Aber solche Feinheiten sollte man sich sparen. Dachte ich. Yvonne zeigt sich bockig, will um Himmels willen alles richtig machen, und begibt sich zum Kartoffelbereiten auf eine erdnahe Umlaufbahn in die Warteschleife. Die Pfanne wird dort mit Knoblauch ausgerieben und darin die mit Salz und Pfeffer gut geölten Kartoffelscheiben eingeschichtet. Darüber ergießt sich das Kaloriengemisch aus Sour creme, Crème fraîche, Knoblauch und etwas Mayonnaise. Sour creme gibt es nicht in jeder Kaufhalle und es ist genau das Gepansch, was man in jeder Gaststätte auf die gebackenen Kartoffeln geschüttet bekommt. Es besteht zu fast 90% aus Joghurt. Der Rest ist saure Sahne, Öl, Frischkäse und diverse Gewürze. Man kann sich also auch ruhig selbst daran wagen es zu mixen, ohne lange durch die Läden irren zu müssen.


Da das ganze bei 180°C mindestens 60min im Ofen köcheln muß, bevor es mit Edamer Käse überbacken werden kann, bleibt nun genug Zeit, um bis dahin vor Hunger auf trockenem Brot herumzukauen. Oder das Tsazikie vorzubereiten. Das kann »Connie« im Schlaf oder im Stand-by Modus. Quark, saure Sahne, Joghurt, Öl, Salz, Pfeffer und Knoblauch. Die noch fehlende Salatgurke wird später, wenn der Salat geschreddert wird, fein geraspelt beigefügt.
Für das Bifteki braucht man Joghurt, Semmelmehl, Zwiebeln, etwas Öl, Senf, Schafskäse zum Füllen, Salz, Pfeffer, Oregano, Hackfleisch und zum Vermischen drei gewaltbereite Frauen. Ehrlich, beinahe wäre zwischen ihnen eine wüste Schlägerei entbrannt. Ich habe nichts gegen einen ehrlichen Faustkampf zwischen Frauen, bei dem Tritte gegen den Kopf und schon am Boden liegende Gegner nicht gern gesehen werden, aber ich will bald zu Hause und nicht erst spät in der Notaufnahme essen. Ich kann sie ja verstehen: Endlich mal wieder sinnlich Fleisch fühlen, es streicheln, kneten und einfach genießen. Also handele ich folgendenen Kompromiß aus: Jede darf mal, bis zum Ellenbogen, ins wunderbare fremde Fleisch, um es zu kneten, und die anderen dürfen spannen und dabei eine Gurke halten. Na? Wie bin ich? Gu-hu-hu-ut!


Die Hackfleischmasse darf nun etwas ruhen und wir genießen die Zigarette danach auf dem Balkon. Herrlich diese Stille. Ein Idyll – drei entspannte Frauen und ich. Jetzt noch lecker Essen und alle können schön schlafen.


Nun gehts an den Salat. Den mögen Frauen. Wahrscheinlich weil sie da mit scharfen Messern spielen können. Gegen die Gurke wendet »Connie« die Todeskralle der Shaolin an. Da gibts kein Entrinnen. Wehe dem der vor ihr steht und sieht, wie sie die drei Finger krümmt ... Das Messer paßt auch wunderbar dazu. Original nach Damaszener-Art industriell in Japan gefalteter Stahl. Die Rohlinge werden dann in der Solinger Messerschmiede geschliffen und vom Discounter nebenan verschleudert. Erfahrene Schwertkämpfer rümpfen darüber zwar die Nase, aber ich will mir ja mit meinem Essen kein Duell bieten und es dabei ermorden. Es in Stücke schneiden reicht mir.


Da ich es liebe, wenn Frauen bei meinem Anblick andächtig in Ohnmacht fallen, oder ihnen zumindestens die Luft wegbleibt, führe ich mal schnell zur Auflockerung dieses kleine Kunststück auf, daß ich von malaiischen Piraten gelernt habe. Wichtig dabei ist, die Augen fest zu verschließen, falls man kein Blut sehen kann.


Zurück zum Salat. Darüber gibts nichts weiter zu sagen. Nur das Oliven mit Stein da definitiv nicht hineingehören. Auch sollte man eine Schüssel wählen, die groß genug ist, damit man ihn darin auch umrühren kann. So wird das nichts. Aber da kann ich reden und reden und reden – es ist jedesmal dasselbe. Nicht nur bei der Salatschlüssel. Aber da rede ich nicht. Hier greift die Omertà.


Das Dressing für den Salat mixt »Connie« stets selbst. Weinessig, Senf, Öl, Pfeffer, Salz und etwas Zucker. Mehr braucht es dafür nicht. Frau Rot-Weiß-Erfurt nimmt diese Mixtur auch zum Grillen für die Hühnerbrust. Allerdings läßt sie den Essig, Zucker und den Senf weg und nimmt dafür Paprika und Honig. Optional kommt dazu noch ein Schuß Sojasoße.


So, der Edamer Käse ist mit in den Ofen auf den Auflauf gewandert. Jetzt heißt es hurtig die Bifteki braten. Das Hackfleisch wird dabei einfach in Klopsform gebracht, und ein Stück Schafskäse darin versenkt. Anschließend wende man es in Semmelmehl und brate es. Zum Warmhalten legt man es einfach in eine verschließbare Steingutschüssel. Diese auf dem Photo ist nicht etwa angeschlagen, wie man denken könnte, sondern wurde von mir höchstselbst, anläßlich eines vegetarischen Körnerkochversuchs einer mir näher bekannten Frau, verbissen.


Eingedeckt und aufgetischt sieht das Meisterwerk dann in etwa so aus. Die Kerzen kann man auch weglassen. Diese Gefühlsduselei kann unangenehme, oder eben angenehme Erinnerungen bei Frauen wach werden lassen. So versaut man ihnen nur den Essgenuß. Zum Salat ist noch zu sagen, daß er sich jetzt in einer angemessenen Schüssel befindet, – da könnte ich reden und reden und ... – und daß man aus optischen Gründen den Schafskäse entweder nur darüberschüttet oder extra reicht. So milchig verschleimt sieht der aus wie frisch erbr...


Auf dem Teller hübsch angeordnet bietet sich ein einladendes Bild. Es schmeckt sogar hervorragend, wenn man auf das Tsazikie verzichtet. Das verleimt geschmacklich nur alles, so daß man keinen Unterschied zwischen Auflauf, Salat und Käseklops bemerkt. Deswegen sollte man auch auf den Joghurt im Bifteki verzichten, und dafür lieber Ei einarbeiten. Das ist geschmacksneutraler und macht das Fleisch bündiger.


Zu guter Letzt wird die Kalorienorgie mit diversen hochprozentigen Alkoholika heruntergespült. Das erinnert uns an die Zeit, als ich mir die Mädels auf der Straße – genauer auf der Datenautobahn – aufgelesen habe. Schön wars und lang ist es her. Egal. Wo gesungen wird da laß dich nieder, garstig Menschen kennen viele schöne Lieder.

Fieften Fruu up de doden Manns Kist –
Yo-ho-ho un een Buddel vull Rum!

Sonntag, 19. September 2010

Hausmitteilung – zum Bedenken


Nach gefühlten 200 Jahren Heißentsaften und stetigem Verköcheln ist es soweit: Der diesjährige Apfelgelee ist vollendet. Er zeichnet sich nicht nur durch die Konsistenz von Heizölkonzentrat aus, nein, er sieht sogar so aus und schmeckt vermutlich auch so. Aber! Und jetzt kommts: Er wurde aus einer uralten, vergessenen Apfelsorte bereitet, die durch meinen nimmermüden Forschergeist an einem noch geheimgehaltenen Ort wiederentdeckt wurde. Es ist zu vermuten, daß es sich dabei um den gemeinen Huulzappel (Malus koniferus cellulitis) oder einem seiner Ableger handelt.
Seine Schale ist fahlgelb bis -braun mit schwarzen Verwerfungen und erinnert an gut vermoderte Birkenrinde. Das Fleisch ist elfenbein bis grau, mit dunkelbraunen Äderchen durchzogen und dabei sehr fest strukturiert. Bouquet und Geschmack schreiten herb-fruchtig daher und vereinen sich in einer feinen Dieselölnote. Laut alten Kirchenbüchern wurde er auch als Düvels- oder Deifelsappel bezeichnet und war nach Epidemien, Kriegswirren und vom Apfelbaum fallen die vierthäufigste Todesursache unter der armen Landbevölkerung. Ganze Landstriche wurden bis ins 17. Jahrhundert von ihm entvölkert und dem Erdboden gleichgemacht. Davon zeugen noch heute Ortsbezeichnungen wie z.B. Plattstädt, Walzdorf, Hainroda, Licht(en)hain, Wüstenhain – wobei -hain/hein neben Apfelbaumgehölz auch für Gevatter oder Freund Hein, den Tod, steht – oder Kühle(Kahle)morgen wobei Morgen auf das Flächenmaß anspielt.
Dabei ist er keinesfalls giftig, aber extrem nährstoffarm und durch seinen hohen Zellulosegehalt eigentlich ungenießbar. Später erfreute er sich nur noch im Erzgebirge einer verhaltenen Beliebtheit. Aus ihm wurden vereinzelt Eierbecher gedrechselt, die fälschlicherweise als Schneeberger Aschenbecher in die Kunst- und Kulturgeschichte eingingen.
Alles in Allem zeigt der Apfel eine erfreuliche Bilanz auf, die nun in meinem selbstgebrauten Gelee gipfelt. Ein reines Naturprodukt, umweltverträglich gewachsen und vielleicht sogar als nachwachsender Rohstoff für die Energiegewinnung nutzbar. Dabei ist er kaum oder gar nicht mit Schadstoffen belastet, wenn man mal davon absieht, daß die Streuobstwiese zur Heumahd mit einem biodieselbetriebenen Rasenmäher plattgemacht wurde. Aber bei Biodiesel – da ist doch sogar der entstehende Feinstaub gesund.
Was will man mehr? Vielleicht ein paar Ökoschl... schneewittchen die mir die Bude einrennen und ...
Also: Wer will? Wer hat noch (sie) nicht (mehr alle)?

Samstag, 18. September 2010

Keene Bang!


Von wegen Schatzinsel und olle Stevenson ... *g* Da wird der Gemüse-Migrant an der Ecke blaß. Nein, aber nun habe ich den Spaß in die Welt gesetzt – also muß ich auch irgendetwas damit anfangen. Vielleicht eine Postpunkpopspeedmaritimfolk Band gründen? Das würde gehen. Ich bin komplett unmusikalisch. Oder eine neue Partei gründen? Von mir kommt ja auch nie etwas vernünftiges. Eine Bio-Naturkost Handelskette? Das wäre perfekt, aber viel zu ehrlich. Nein, außerdem müßte ich dann Gemüse essen. Igitt! Oder ich taufe eine Kindergartengruppe über Nacht um, und kleide sie damit in schwarze T-Shirts neu ein. Die Eltern und die SMH werden mir sehr dankbar ein. Aber der Gedanke an die T-Shirts ist nicht schlecht. Als Arbeitsschutzkleidung für meine Donnerstagsfrauenkochrunde? Oder ich gründe einen Geheimbund, einen schwarzen bitterbösen Orden. Aber die brauchen kein Logo ... höchstens für Bekennerschreiben. Ach, egal – mir wird schon etwas einfallen.

Montag, 13. September 2010

Kochen mit »Connie« (1)

Gerade läuft auf 3sat ein Dokumentation über den Chaos Computer Club. Rechner, entschlüsselte Datencodes und ein toter Hacker. Das erinnert mich irgendwie an meine Küche. Zum letzten Seemannssonntag hatten wir so etwas ähnliches. Lasagne mit Hackfleischfüllung und Spinat nach einem Rezept aus dem Internet. Der Grundgedanke für dieses Menü ist wenig spektakulär aber so, wie der Autor sich das gedacht hat, ging das gar nicht.


Nach kurzer Rücksprache mit »Connie« (unternormalnull.blogspot.com berichtete am 28.10.2010) stuften wir es als ungenießbar ein und entwarfen einen schon bewährten Schlachtplan. Lasagne und Hackfleisch sollten bleiben – das Zeug war schließlich gekauft – aber der Rest anders zubereitet werden. Nur zur Kontrolle baute »Connie« trotzdem eine Verbindung zum Internet auf, um ihre eigene Bibliothek mit anderen Beständen zu vergleichen.


Wider Erwarten hakelte die Verbindung etwas, ihr Pufferspeicher schien überfüllt zu sein, so daß »Connie« nur stotternd Erklärungen geben konnte. Was aber nicht weiter tragisch war. Immerhin bin ich durch Tantchens Kochschule getrieben worden und kann damit jedes Rezept so decodieren, daß ich weiß, was gemeint ist und danach flexibel operieren.


Als erstes werden fix zwei Zwiebeln geschnippelt und in etwas Öl glasig gegart. Das Hackfleisch wird darin gebraten, bis es graubraune Krümel bildet. Von wem das Hackfleisch ist, ist dabei völlig egal. Ob Schwein, Rind, Elch oder Regenwurm – es wird eh in passierten Tomaten ertränkt, so daß es keinen Eigengeschmack mehr entwickeln kann. Es müssen nur ungefähr 1000g sein um eine Sättigungsgrundlage bilden zu können. Ich rechne im Schnitt mit: Einen Mann (ich), Connie, Frau Rot-Weiß-Erfurt, vier Frauen, eine Verdichteranlage (The Black Hole), zwei bis drei neunköpfigen Raupen und einen Mauf!. Das macht genau 6,5 Personen.
Das Krümelfleisch mit etwas Mehl bestäuben und weiter braten, bis alles knusprig braun ist. Jetzt kommt die Pappe mit den passierten Tomaten, etwas Tomaten- und Paprikamark sowie diverse Gewürze dazu. Unter diversen Gewürzen verstehe ich: Paprika (edelsüß und scharf), Oregano, Basilikum und was sonst noch irgendwie italienisch klingt, Vegeta, Salz, Pfeffer, Knoblauch, eine Prise Zucker und etwas Currypulver. Ein Schuß Zitrone und ein Spritzer Worcestersoße kann nicht schaden, und wer etwas Schlagsahne übrig hat, kann die auch mit reinwerfen. Diese mildert den Geschmack wieder und rundet ihn ab. Ansonsten gilt: Nur keine Scheu beim Würzen! Nichts ist schlimmer als fades Essen – es wegschmeißen und in die Dönerbude gehen kann man immer noch.
Womit wir beim Spinat wären. Es ist einfach Unfug diesen mit zu verwenden. Der Geschmack der Bolognese (aufkochen nicht vergessen) ist so intensiv, daß dieses Grünzeug einfach geschmacklich untergeht. Der schliert nur vor sich hin. Die paar Vitamine kann man sich getrost sparen, und daß er besonders viel Eisen enthält stimmt nicht. Da kann man auch an einer Feile lutschen – der Nutzeffekt ist derselbe. Rein optisch bringt er auch keine Punkte. Es sei denn, man steht darauf, daß sein Essen aussieht wie frisch verwest. Den Schmadder also auf kleiner Flamme aufkochen, mit Salz und Pfeffer abschmecken und dann, in einem unbeobachteten Moment, weg damit! Dieser kam aber nicht. Die Rezeptvorschlägerin war zwar kompromißbereit, was die Technologieänderungen betraf aber über den Spinat wachte sie unerschütterlich.


Selbst das Ablenkungsmanöver mit dem Servicetechniker hat nicht geklappt. »Connies« Pufferspeicher wurde zwar von ihm geleert, so daß sie wieder fließend sprechen kann, aber den Spinat konnten wir nicht entsorgen. Egal. Ach ja, die Lasagneplatten pflegen wir vorzukochen. Das muß man nicht tun, aber so ist alles im Ofen schneller gar.


Jetzt fehlt noch die Soße, mit der die Lasagne verfüllt werden soll. Dazu bereitet man eine einfache Mehlschwitze zu und rührt langsam etwas Milch darunter.


Immer schön rühren und aufkochen lassen, damit sich keine Klümpchen bilden. Ergeben sich doch welche, ist das auch kein Grund zur Panik. Immerhin könnten es Mehlwürmer sein. Diese garantieren ja, daß es sich um eine hochwertige Komponente handelt. Auch Würmer sind nur Gourmets – die fressen auch nicht alles. Früher wurden die Mehlsäcke je nach Anzahl des enthaltenen Gewürm mit Kreuzen von eins bis fünf gekennzeichnet. Ein Kreuz stand für fast keine Maden – also für schlechte Ware und fünf für besonders viele – also 1A Mehl. Überhaupt wurde damals alles mit Kreuzen beschmiert. Sogar mit verschiedenfarbigen um die jeweiligen Inhaltsstoffe zu unterscheiden. Aus den Kreuzen wurden später Kreuzel und daraus Sterne. Dieser Brauch hat sich bis heute im Gaststätten- und Hotelgewerbe gehalten.


Wen der Sud an Berliner Holzkaltleim erinnert, hat so unrecht nicht. Es ist ungefähr dasselbe. Nur das der Leim nicht mit Muskat, Salz und Pfeffer abgeschmeckt werden muß. Aber seinen Schuppen kann man damit auch reparieren.


Deshalb müssen gebrauchte Schüsseln, Töpfe und Frauen sofort abgewaschen werden. Nicht, daß die zusammenkleben! Womit wir bei der optimalen Küchenbesatzung wären. Als günstig hat sich das Verhältnis 1:1 erwiesen. Pro Quadratmeter Küche plane man eine Frau. Plus einen Mann, der den Überblick behält und sie pädagogisch behutsam anleitet. Dabei müssen die verschiedenen Aufgaben von ihm vorher klar verteilt werden. Bei mir gestaltet sich das folgendermaßen: »Connie« ist mein Stellvertreter. Mein erster Offizier sozusagen. Ihr unterstehen zwei operative Einsatzkräfte direkt in der Küche. Um »Connie« nicht zu überfordern, leite ich darüber hinaus den mobilen Rückwärtigen Dienst. Also die Frauen, die an die Tür stürmen, wenn es klingelt, die den Müll herunterschaffen, die Treppe kehren oder die noch schnell einkaufen gehen müssen, wenn etwas fehlen sollte. Dieses Konzept hat sich bewährt und ist sehr zur Nachahmung empfohlen.


Für die Füllung braucht man noch ein Päckchen Schafskäse. Schafskäse! Also keinen in Salzlake gereiften Kuhmilchkäse. Mit dem kann man vielleicht Allgäuer Kellerfenster kitten, wenn der Winter hart zu werden droht, aber essen kann man den nicht. Auch nicht in einer Spinatlasagne. Obwohl – wenn man da statt Nudelplatten gebrauchte Bierdeckel nimmt, schmeckt dazu auch Kuhmilchfeta. Den Schafskäse also einfach reiben.


Normalerweise ist so etwas eine Todsünde: Zwei verschiedene Geschmacksrichtungen einfach zusammenschichten. Das geht gar nicht. Korrekt wäre gewesen, erst den Tomatenpapps mit einer Schicht Lasagneplatten abzudecken und dann erst den Spinat draufzuschmieren. Aber da man den Spinat nicht schmecken kann und soll, ist es richtig, ihn gleich mit in die Bolognese zu mischen. Darauf etwas Schafskäse und die Muskatleimsoße.


Die vorgekochten Platten folgen, Schicht für Schicht den Rest auftragen, bis die Ressourcen erschöpft sind. Statt der Spinatfüllung hätte ich gern meine Pilzkäsesahnesoße genommen. Die geht ganz einfach: Etwas Butter in einen Topf und 2-3 Eßlöffel mit Mehl darin anschwitzen. Dazu kommen Champions aus der Dose, Milch, Salz, Pfeffer, Kümmel, Zitronenthymian und eine Handvoll getrocknete Pilze. Ausreichend Schmelzkäse dazu. Ausreichend sind pro kleine Dose Pilze ein Päckchen Schmelzkäse. Ich verzichte mit Absicht auf genaue Mengenangaben. Zum Kochen benötigt man Gefühl, Einfühlungsvermögen und Augenmaß. Wie man Gewürze abwiegt, lernt man in der Großküche.


Und wie man diese wieder saubermacht.


Abschließend wird das ganze vorerst mit einer Schicht saurer Sahne versiegelt - warum auch immer, keine Ahnung – und in den vorgeheizten Ofen (180°C) geschoben.


10 Minuten Raucherpause und kurze Manöverkritik. Alles in Allem hat alles gut geklappt, und ich kann zu Recht stolz auf meine Mädel sein – wie jeden Donnerstag. Aber etwas Bildung muß noch sein, und ich erzählte ihnen, daß man früher – auf hoher See – die Mehlmaden aus den Schiffszwieback bekam, indem man ihn auseinanderbrach und ihn einfach auf der Planke ausklopfte. Der Glückwunsch »Toi, toi, toi« und dem damit verbundenen dreimaligen Klopfen auf Holz stammt aus dieser Zeit und davon ab. Ich erntete wahre Begeisterung über diesen Shantie aus längst vergangener Fahrenszeit. Was tut man nicht alles für seine Frauen.


Zu guter Letzt muß noch der Reibekäse auf die Lasagne verbracht werden. Der Einfachheit halber kommt er diesmal gleich aus der Tüte. Ganz normaler Kuhmilchkäse reicht völlig. Der kann sonstwo gereift sein. Von mir aus auch unter Tage in einem Kalisalzbergwerk. Ideal ist da Tilsiter- oder auch Emmentaler Käse. Er muß nur im Ofen eine schöne braune Kruste bilden können und darf nicht nur verlaufen, Blasen schlagen und schwarz werden. Man kann schummeln, indem man etwas Kaffeesahne über den Käse tröpfelt. Diese simuliert aber nur den gewünschten Effekt.


So sah das Gemeinschaftskunstwerk dann aus. Vor dem Hitzschlag ...


... und so danach. Naja, ganz lecker war es schon. Trotz der grünen Pampe. Blattspinat wäre besser gewesen. Oder Löwenzahn. Aber den muß man anbraten bevor man ihn wegschmeißt.