Untergehen ist das Eine, unter der Oberfläche bleiben das Andere. ;-)

Samstag, 11. August 2012

Auf der Suche nach dem Sommer



… verschlug es mich in den Lichtenauer Sonnenlandpark. Ehrlich gesagt, habe ich ihn nicht vermißt und war heilfroh, daß er dort zu finden war, und nicht bei mir zu Hause. Temperaturen über 25°C sind weder für mich noch für meinen Rasen im Garten gut, und wir zwei sind nicht böse darüber, wenn es wenigstens des Nachts mal regnet. Aber nichtsdestotrotz wollte ich ihn, den Sommer, wenigstens mal »Guten Tag!« und »Gutes Gelingen!« wünschen.

Weit fahren mußte ich dazu nicht. Der Freizeitpark liegt im Gorl-Morx-Stodter Umland, also in der sächsischen Hügelpampa, direkt an der Autobahnabfahrt Chemnitz-Ost. Diese Abfahrt ist absolut frauensicher. Von ihr ab fährt man links zum OLI-Einkaufscenter und rechts zum Vergnügungspark. Oder andersherum. Egal, ob links oder rechts, die Frau kommt an und ist beschäftigt. Das Navigationsgerät kann man also beruhigt ausgeschaltet lassen. Unseres kannte den Sonnenlandpark sowieso nicht, und Orte die Lichtenau heißen gibt es gleich x-mal, ob Stadt, Stadtteil oder Dorf bundesweit. Diese GPS-Seuche verachte ich sowieso aus tiefstem Herzen, und sie stellt für mich ein nicht erklärbares Paradox dar.

Gekauft werden sie von Männern, die sich nach der Sonne orientieren können, die nie nach dem Weg fragen müssen, und immer ganz genau wissen, wo sie sich gerade befinden. Von denen also, die eine Hilfe zum Navigieren gar nicht brauchen. Bei Frauen ist so ein Teil im Cockpit auch scheinbar völlig sinnlos. Sie, die ewig Suchenden, werden wohl kaum in einem Navigationsgerät ihren Halt und ihre Orientierung sehen. Außerdem können sie sich in dem Display des Gerätes sehr schlecht widerspiegeln, und das Schminken während der Fahrt ist für Fahrzeugführerinnen sowieso verboten.

Oder es sollte verboten sein. Bei manchen Kundinnen in meinem Stamm-Lidl stelle ich mir diesbezüglich oft die Frage, ob diese gerade von der Autobahn kommen, und wieso sie erst auf diese fahren, wenn sie keine 100m vom Einkaufsmarkt entfernt wohnen. Wahrscheinlich haben die ihr Navi schlecht eingestellt. Die falsche, eine männliche, Stimme gewählt. Von der können sie ja gar keinen Rat annehmen, reden Widerworte und diskutieren endlos herum. So kann es durchaus passieren, daß sie von der Haustür, bis zum Friseur an der Ecke über Berlin fahren. Aber die Gegend, oder das Leben, lernt man am Besten kennen, wenn man bei jeder Gelegenheit konsequent einen Umweg nimmt. Von daher hat die ganze Sache auch eine gute Seite.

Der Parkplatz vor dem Zielobjekt zeigte sich auch von seiner besten Seite. Er bot nicht nur genügend Platz, sondern war oder ist auch überdacht. Die Cleverlies von der Bauplanung haben da eine Solaranlage installiert, die genügend Schatten spendet, daß, auch wenn die Sonne sich ihren Weg über den Sommerhimmel bahnt, einem das Auto nicht zerkocht, oder das, was man darin zurücklassen mußte. Zum Beispiel Hunde. Die kann man natürlich auch – angeleint – mit in das Areal nehmen, aber wer will das schon? Das Gesabbere und Gejaule trübt nur den ungebremsten Freizeitspaß. Also bleibt die Töle im Wagen. Nur ist das nicht ganz ungefährlich. Für den Köter.

Irgend so eine Tierschutzvereinigung hat herausgefunden, daß bei diesen sommerlichen Temperaturen der im Auto hilflos eingeschlossene Hund nach 15min aus den Latschen kippt, sprich: tot umfällt. Oder zusammenbricht. Je nachdem. Da fragt man sich, wie die das herausgefunden haben? Durch Versuchsreihen? Dem widerspricht der Tierfreund. Ich mußte mich von ihm belehren lassen, daß man so etwas berechnen könne. Ja, wie denn? Kann man jeden Hund, jedes Individuum in eine mathematische Formel pressen? Dann könnte man auch gleich berechnen, wieviel Weiterbildungs- und Qualifizierungsangebote der Bundesagentur für Arbeit ein Arbeitssuchender besuchen muß, um mit irreparablen Schäden in der Psychiatrie zu landen. So ein Blödsinn. Jeder Hund und jeder Mensch ist verschieden, bei jedem liegt die Schmerzgrenze woanders und jeder braucht mehr oder weniger Zeit, um auf den Hund zu kommen, oder wie dieser, hilflos eingeschlossen, zu verenden. Es kommt eben immer auf einen Probelauf an.

Die Einlaßkader müssen alte Hasen in Sachen Probelauf sein. Ein Geländer und ein paar Hinweisschilder warten darauf, den Ansturm von 25.000 willigen Besuchern in geordnete Bahnen zu lenken. Die müssen das echt geübt haben. Die Barriere nimmt die Wucht des Ansturms der Gäste auf und federt ihn ab. Dahinter kann sich so eine disziplinierte Schlange bilden, die an das Kassenhäusel herangeführt wird. Perfekt. Das nehme ich zumindest an, denn weit und breit ist kein Ansturm zu sehen. Das hier, an der Autobahnabfahrt Chemnitz-Ost, der Sommer stattfindet, hatte sich wohl noch nicht herumgesprochen. Oder wir waren einfach zu spät vor Ort und haben den Andrang der Sommerfrischler verpaßt. Dem Gekreische Minderjähriger zufolge, was überdeutlich zu hören war, mußte der Park eigentlich gut besucht gewesen sein.

Wenn man dann den ersten Blick in das Gelände wirft, muß man unbedingt dem Drang widerstehen, umzukehren und der Frau in der Dederonkittelschürze, der, die einem gerade Geld abgeknöpft hat, an die Gurgel zu gehen. Was man zuerst zu sehen bekommt, sind drei Plastehüpfburgen, wie sie bei jeder Neueröffnung eines Telefon- oder Ein-Euro Ladens unabdingbar sind. Lieblos hingeklatscht und leicht ramponiert. Aber das ist nun mal der Regionalgeschmack von Chemnitz-Ost, und davon sollte man sich nicht täuschen oder entmutigen lassen. Wenn man dann am sphärischen Xylophon, auf das jeder Rotzlöffel eindreschen kann, wie es ihm beliebt, vorbeigekommen ist, hat man das Schlimmste überstanden.

Auf dem ersten Blick sieht das unspektakulär und etwas langweilig aus.


Irgendwann später kam dann doch Bewegung in die Sache.


Meine Wortwahl »das Schlimmste« läßt vermuten, das noch etwas Arges, aber weniger Ingrimm erzeugendes folgt, was aber gewiß nicht der Fall ist, und sie nur von meiner negativen Erwartungshaltung derlei Kultureinrichtungen gegenüber herrührt.

Es muß jetzt über 15 Jahre her sein, als ich in einem rundgelutschten Robur-Bus, eingepfercht mit einer, gelinde gesagt, Horde verhaltensgestörter Jugendlichen, in den tiefsten Westen Deutschlands zu einem Erlebnispark fahren mußte. Gut, mir blieb die freie Wahl und ich hätte auch zu Hause bleiben können. Aber dann wäre mir der Abgrund entgangen, der versprach, daß ich mich über ihn noch weit über die folgenden Jahre hinaus aufregen konnte. Das war mir die Sache schon wert.

Der Bus tuckerte mit 80 km/h die Autobahn entlang und brauchte nicht weniger als 8 Stunden, um am Ziel zu sein. Das es etwas länger dauern würde, war mir Aufgrund der Abfahrtszeit, 2.30 Uhr, schon klar. Aber 8 Stunden! 8 Stunden den völlig ausgetickten, halbstarken Kaputtgespielten auf engsten Raum ausgeliefert zu sein, überstieg bis dahin bei Weitem meine Vorstellungskraft und vor allem meine Aggressionsgrenze. Zum ersten Mal in meinem Leben kochte in meinen Adern mehr Adrenalin als rote Blutkörperchen und ich traute mir eine Prügelei mit 18 Personen gleichzeitig zu. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit hätte ich gewonnen. Einzig die stoische Gelassenheit der zuständigen Betreuer hielt mich davon ab, diese Rotte bewußtlos zu schlagen.

Ganze 3 Stunden Zeit blieben uns für den Parkbesuch. Wir mußten ja wieder mit dieser alten Schüttelkiste 8 Stunden bei 80 km/h zurückfahren, um am selben Tag abends wieder zu Hause zu sein. Das war ein Gedanke, bei dem ich beinahe das Bewußtsein verloren hätte.

Im Park war es dann etwas ruhiger, wenn auch nicht entspannter. Ich wurde das Gefühl nicht los, an jeder Ecke, an jeder »Belustigung« ausgeraubt zu werden. Das lag nicht an dem überaus freundlichen Servicepersonal, welches mich an eine Billigversion der heiligen drei Könige aus dem Morgenlande erinnerte und das kein Deutsch verstand, sondern an der mir damals noch nicht so allgegenwärtigen westdeutschen oder kapitalistischen Mentalität der es zu Eigen ist, mit viel Brimborium, Tamtam, Schnickschnack aber ohne großen Aufwand den größtmöglichen Gewinn zu erpressen oder wie es beschönigender heißt: abzuschöpfen. Sogar das Atmen von Abenteuerluft kostete dort extra ein Vermögen.

Grillen ist erlaubt. Die Zutaten gibts auch an der Kasse.


Dagegen war mein Besuch hier in Lichtenau eine Wohltat. Entspannung pur, wenn man sich die Kinder wegdenkt. Aber wegen den lieben Kleinen war man ja hier und da empfindet man ihre ausgelassenen Laute als helles, Glück verheißendes Geläut. Außerdem erinnerte mich das Gelände an meine Kindheit, an das alljährliche Ferienlager, bzw. wie ich es mir damals hätte nicht erträumen können. Weitläufig, voller interessanter Dinge, Spiel- und Abenteuerplätze die auch Spaß machen können. Wir hatten damals nur das RGW-Standart Klettergerüst, zwei Schaukeln und eine Stunde Weg zum Badesee.

Altreifensammlung hübsch in die Landschaft integriert


Kein Deko-Müll, keine verblödenden Werbefiguren, kein Bob der Baumeisterscheiß und ähnlicher Schwachsinn, der den Heranwachsenden ihre Rolle als zukünftige Hardcore-Konsumenten einbleut und den Eltern das Geld aus der Tasche zieht. Hier bezahlt man seinen Eintritt und gut ist. Die ganze Anlage ist äußerst familienfreundlich gestaltet, und man kann da locker einen ganzen Tag verbringen, ohne sich langweilen zu müssen.

Seildings


Überschlagdings




Ein paar Regeln gibt es allerdings zu beachten. Die meisten der Spiel- und Sportgeräte sind uneingeschränkt, auch barrierefrei, nutzbar, für einige gibt es aber Ober- und Untergrenzen. Die Seilbahn oder/und die Boot-ins-Wasser-Dingsda sind nur für eine maximale Nutzlast von 90kg ausgelegt. Gut, jetzt kann man sich darüber streiten, was bei einer Frau, die über ein Gesamtgewicht von 120kg verfügt, Nutzlast und was davon überflüssig ist. Fakt ist, daß die eben nicht mitfahren darf. Es gibt dann noch Alters- und Größenbeschränkungen, die aber nicht weiter ins Gewicht fallen.

Hauptimbiss. Andere haben nur bei Bedarf geöffnet.


Da wir gerade beim Gewicht sind: Es gibt natürlich auch etwas zu Essen. Das übliche, was eben so an Kiosken in Chemnitz-Ost dargereicht wird. Genauer habe ich mich da nicht kundig gemacht. Ich wollte ja nur zwei Flaschen mit irgendwas kalten, kohlesäurenhaltigen kaufen. Dabei war ich von der jungen, durchaus schnuckeligen Bedienung fasziniert. Besser, von ihrem Versuch, mir mit ihrer Faust auf die Nase zu schlagen. Dabei zielte sie aber immer an mir vorbei. Was ich als einen typischen Chemnitzer-Ost Kontaktanbahnungsversuch interpretierte und mir vor Stolz die Brust schwellen ließ – das junge Gemüse weiß ja doch, was es will, wenn es einen richtigen Mann sieht – war leider viel profanerer Natur und den technischen Gegebenheiten dieser Verkaufseinrichtung geschuldet. In ihrer Hand hielt sie eine klitzekleine Fernbedienung, die dazu gedacht war, die Tür zum Getränkekühlschrank vor dem Tresen, also auf der Kundenseite, zu entriegeln. Dabei mußte sie sich über die Theke beugen, um mit dem weit nach vorn gestreckten Arm in die Reichweite des Funkempfängers der Kühlbox zu kommen. Man bezahlt sein Getränk, sie öffnet via Funk die Tür, man nimmt es sich aus dem Schrank, sie verschließt ihn wieder auf Knopfdruck und man darf sich trollen. So einfach ist das. Man muß nur darauf kommen.

Wintervariante


schattiges Plätzchen 




Die Hitze und der schnöde Anblick dieser holden, wenn auch züchtig bekleideten Maid ist nichts für alte Männer wie mich. Es heißt zwar, daß wir besonders gefährlich sind, weil wir die Zukunft nicht mehr fürchten müssen, aber wer weiß schon, wie lange es noch dauert, bis man eben keine mehr hat. Hinterher ist man immer klüger, sagt man auch, aber hinterher heißt in dem Fall Ableben oder der jungen Frau erfolgreich den Kopf verdrehen. Ich wußte nicht, welche von beiden Möglichkeiten für mich besser war. Hinterher ist man immer klüger … Da beißt sich die Katze in den Schwanz und ich beschloß, mir ein kühles Plätzchen zu suchen, um meinen Kopf wieder frei zu bekommen. Bis zur Heimfahrt war es noch ein wenig Zeit. Diese wollte ich auch nicht aufs Spiel setzen. Früher hätte ich dies ohne zu zögern getan, aber heute? Nö.

Die Heimfahrt damals, von der Kapitalistenscheiße im kuscheligen Robur-Bus, gestaltete sich übrigens wesentlich entspannter, als ich erwartet hatte. Die Herren und Damen des anerzogenen Sozialdefizits waren breit und am Ende ihres Leistungsvermögens. Nach 10min Busschunkelei sanken sie in ihren traumlosen Schlaf. Da lagen sie da, diese Monster. Im Grunde konnten sie ja nichts dafür, daß sie so sind, wie sie Gott auf die Menschheit losgelassen hat. Als Prüfung, Fluch oder Strafe gedacht, sind sie nur ein Spiegel dieser ach so humanistischen Gesellschaft. In irgendeiner Gosse werden sie schon gelandet sein. Davon gibt es mehr als genug. Da muß man sich keine Sorgen machen. Die sind schon irgendwo untergekommen.

Womit wir bei den Toiletten wären. Für meine Begriffe sind sie ausreichend vorhanden und auch sauber und gepflegt. Natürlich sind die Bodenfliesen naß und mit einer leichten Sand- und Schlammschicht bedeckt. Das ist völlig normal und nicht zu ändern. Jeder der das WC aufsucht, hat etwas Waldboden an den Füßen oder Schuhen kleben. Wen das stören sollte, der muß seine Notdurft eben im Wasser oder auf dem Rasen verrichten. Zu bemängeln wäre maximal die geringe Leistung der Heißluft-Händetrockner. Da gibt es bessere Modelle. Aber Hauptsache ist ja, sie erfüllen ihre Aufgabe und das tun sie, wenn auch klagend.

Anton der Parktraktor


In Sachen Sauberkeit und Pflege macht auch das gesamte Areal einen guten Eindruck. Für meinen Geschmack ist es aber zu bunt gehalten und könnte ruhig etwas vergammelter sein. Das liegt schlicht daran, daß mein ästhetisches Empfinden immer noch von der Sturmbahn der Nationalen Volksarmee geprägt und noch nicht auf einem Abenteuerspielplatz für Kinder angekommen ist. Manche Kerben in meinem Gedächtnis haben sich so tief eingefräst, daß ich 300 Jahre alt werden muß, um sie mir wieder ausschleifen zu können.

Riesenrutsche


Was die Kerben betrifft, die Frauen bei mir hinterlassen haben, werden es wohl 25.000 Lebensjahre werden müssen, um sie zu tilgen, was einem tiefen, von Herzen kommenden Kompliment gleicht. Männern war es nie vergönnt, lange in meinen Erinnerungen zu verweilen. Kennst du einen, kennst du alle. Deren Platzhirsch- und Balzgehabe geht mir auf den Senkel und Gespräche die sich um Geld, Sport und die eigene Arbeit drehen, öden mich nur noch an. Im Prinzip erzählen sie nur von Heldentaten, die sie irgendwann mal begangen zu haben glauben. Widerlich. Da halt mich lieber an Frauen. Die sind meist interessanter, weil sie selten so einfach strukturiert wie Männer sind. Was nicht bedeutet, daß ich es nicht vermag, sie in ein Schema oder Klischee zu pressen.

Hüpfblase


Die Kirsche zum Beispiel, die versuchte auf der Hüpfblase ihren Sohn und die spärlich zusehende Männerwelt zu beeindrucken, ist für mich ein offenes, schon oft gelesenes Buch. Sie war Anfang 40, ca. 1,65m groß, vom Typ her eine halbe Sinti und Roma, schlank trotz eines übergroßen Beckens und mit einem genau 3mm starkem, sorgsam überwachten Unterhautfettgewebe ausgestattet. Die enganliegende Radlerhose, Tank-Top bei nur durchschnittlichen Oberarm-Muskelquerschnitt und der Sport-BH unterstreichen ihre lebensbejahende Grundeinstellung, mit der es aber nicht allzu weit her sein dürfte.
Die Frau trinkt stilles Mineralwasser, Milch mit einem 1,5%igen Fettgehalt und knallt sich einen Salat nach den anderen rein, bevor sie jeden Abend heulend in ihr Bett fällt. Die geht zu Elternabenden und fällt den Lehrern dabei auf den Nerv. So am Ende mit sich selbst, wie sie ist, muß sie hier die große Heiterkeit mimen.

Dynamisch erkletterte sie die Hüpfblase, um erstmal in wilde Freude auszubrechen. Dann bekam sie einen Hüpfer hin, mit dem Ergebnis, daß ihr die Sonnenbrille von der Nase sprang. Es folgte ein Heiterkeitsausbruch. Jetzt wußte sie nicht, wohin mit dem Ding. Einstecken ging ja nicht. Sie drehte die Brille ratlos in der Hand, um gleich wieder in wilde Freude zu verfallen. Entnervend. Ihr Sohn kannte das Spiel und beachtete seine Freu-Mutti gar nicht. Er tat so, als würde er die Frau nicht kennen. Bravo.

Einem anderen kleinen Jungen war dies nicht vergönnt. Seine Mutti hielt ihn fest an der Hand. Der kleine Scheißer war nicht zum Spielen oder zum sich dreckig machen hier, sondern um mit Mutti zu promenieren. Beide waren in blütenweiße Tennisklamotten gekleidet, die sie wie eine Rüstung trugen. Eigentlich waren sie auch nicht hier, in Chemnitz-Ost, sondern in Saint-Tropez oder Miami Beach. Die Sonnengöttin mit ihren blonden Pferdeschwanz stellte das dar, was bescheuerte Männer als Beute mögen. Schlank, lange Beine, eine wohlgeformte Figur und ein unterkühltes, ausdrucksloses Austauschgesicht, was sich gut auf den Beifahrersitz eines BMW macht. Den fährt nämlich der Erzeuger des kleinen Tennisstars – so etwas führt ja keine Samenbank – oder würde ihn fahren, wenn er sich das Benzin noch leisten könnte. Wegen seiner ausbleibenden finanziellen Mittel sind sie ja hier in Chemnitz-Ost unterwegs und nicht in den Staaten. Wenn ich die Beiden sehe, weiß ich auch, was das für eine Pappnase sein muß. Ein blonder, sportlicher Lackaffe in einem Anzug von der Stange.

Der träumt davon, wie Carsten Maschmeyer und seinem AWD-Konzern die ganze Nation abzuzocken, aber scheitert schon daran, eine einfache Versicherung abzuschließen. Alles was er in die Wege leitet, endet zwangsläufig in einer Stornierung. Der Mann steht unter enormen finanziellen Druck. Sein ganzes Elend konnte er vor seiner Tiefkühlpizza auf zwei Beinen und ihrem gemeinsamen genetischen Klon jahrelang auf Kosten seiner Eltern verbergen. Aber was seine Trulla nicht weiß, ahnt sie bereits und wenn er heute nicht ein oder zwei Millionen nach Hause bringt, ist sie weg. Weg mit seinem Chef. Der Schleimer hat schon lange ein Auge auf sie geworfen und die Tickets für die Business Class nach Miami wahrscheinlich schon gekauft.

Ihren Sohn muß diese Mami abgrundtief hassen. Mit seiner wasserstoffblonden, auftoupierten Frisur und der schwarzbraunen Sonnenbrille sieht er aus wie Heino. So etwas tut man seinem Sproß nur an, wenn man zu feige ist, ihn einfach zu erwürgen. Oder der kleine Schlaumeier hat sich selbst eine Perücke und diese Brille aufgesetzt, um an ihrer Seite nicht erkannt zu werden. Auch das ist gut möglich. Wir leben schon in einer kaputten Welt ...

Männer wohin man nur schaut


Der alleinstehende Frauenanteil mit Kind macht die breite Masse im Publikum aus. Im wahrsten Sinne des Wortes. Vom oberen Kulminationspunkt ihrer Gestalt bis zu den Schultern ist soweit alles in Ordnung, von da ab gehorcht alles ungeniert der Schwerkraft. Da hängt alles irgendwie nach unten. Bei der weniger breiten Masse an Frauen läßt meist die Frisur zu wünschen übrig. Einheitlich schwarz geteerte Haare mit schräg abgefrästen Pony und pinkfarbenen Strähnchen. Wer sich als Mann davon nicht abschrecken läßt, kann hier fette Beute machen. Die Konkurrenz schläft zwar nicht, ist aber auch nicht groß vertreten. Außerdem sind sie zum Lüften mitgebracht worden. Von ihren Frauen. Die sind sich der Gefahr bewußt, die ihnen durch das übermächtige weibliche, alleinstehende Potential droht und bewachen mit Argusaugen ihre Männer. Aber ich denke, daß das, was ich als männliches Material gesehen habe, nicht das ist, was sich eine Frau wünscht und mehr dem ähnelt, von dem sie sich gerade getrennt hat. Gut, in der Not frißt der Teufel Fliegen und eine notleidende Frau alles, was man ihr vorsetzt. Auch solche Männer. Die einen sind wild tätowiert, haben eine Glatze und schieben eine Wampe vor sich her, und die anderen sind blaß und verstecken ihre Hühnerbrust unter einem T-Shirt. Beide Fraktionen tragen Bermuda-Shirts, Sonnenbrillen, Badelatschen und ein Basecap.

Da fragt man sich doch, was eine Frau in so einem Freizeitpark will. Darauf gibt es eine einfache Antwort: Zeit totschlagen. Die wissen nicht, was sie mit sich und ihren Kindern sonst anfangen sollen. Mir sind zwei Muttis bekannt, die pflegen jeden Sonnabend folgendes Ritual: Früh um 10.00 Uhr schmeißen sie ihre Kinder zusammen und die ins Auto. Dann starten sie kurz unterhalb von Berlin, um nach Dresden einkaufen zu fahren. Gegen 12.00 Uhr sitzen die schon im Elbepark, im IKEA-Restaurant und essen zu Mittag. Da sind schon mal zwei Stunden des Tages sinnvoll verbracht. Von 13.00 Uhr an bis 15.00 Uhr bummeln sie dann durch alle Geschäfte, ohne etwas zu kaufen. Logisch, viel Geld haben beide nicht und das meiste davon fließt als Benzin für die Fahrt in den Tank. Es folgen ein Kino-Besuch und anschließend die Heimfahrt. Pünktlich zur Samstagabendunterhaltung im TV sind sie wieder zu Hause und die Kinder im Bett. So beschäftigt verbringen die jeden Sonnabend, und die Feiertage fahren sie zur Abwechslung in den Berliner Zoo oder zu McDonalds. Was braucht ein erfülltes Single-Leben mehr?

Manchmal würde ich gern wissen, ob und über was die beiden Mütter sich während der sonnabendlichen Fahrt über die Autobahn unterhalten, oder ob sie nur ihr Navigationsgerät vollquasseln. Da kleben vielleicht zwei davon vorn an der Windschutzscheibe. Für jede Frau eins, so als Männerersatz. Wer weiß das schon? Man steckt ja nicht drin in der Frau.

Aber ich weiß jetzt plötzlich, warum sich Männer Navigationsgeräte kaufen. Damit ihre Frauen im Auto die Klappe halten müssen. Es ist ganz einfach. Man muß nur darauf kommen.

7 Kommentare:

  1. Alter! Ich hab noch fünf Bücher mit... aber ab morgen fang ich an! Schön wieder was von Dresdens aufstrebendem Jungautoren zu lesen! ;o)

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  2. Ich hab nur mal kurz aus dem Sommerloch rausschauen können. Dabei wären die Bedingungen zum Tippen ideal. Unten im Garten. Aber irgendwie bekomme ich es einfach nicht hin.

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  3. Habt ihr von dort die Verseuchung mitgebracht?:-)

    Ich hab kein Navi, ich verfahr mich auch ohne *wechhau*
    und ich will auch mal in so einen lustigen Park zum läst......äh spielen!

    Eiszwerg, der grad ein Wühlzwerg ist lach

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  4. Wühlzwerg? Bist du beim Aufräumen? *g
    Die Seuche ist ein Urlaubsmitbringsel und schon wieder am weichen.
    Wir können ja, falls der Sommer noch dort ist, einen Familienausflug dahin starten. Ich kenne da eine schattige Bank von der man den Überblick hat. Auf die Spielgeräte natürlich.

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  5. Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.

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  6. Die Plastiktüte in dem Schulpapierkorb ist ein Anachronismus. Eine derartige Ressourcenverschwendung von Erdölprodukten galt als obszön. Oder war ich im falschen Film?

    Die Bemerkung sollte unter das DDR-Museum, entschuldige. Verwirrend.

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    1. Nein. Der Papierkorb wurde, wenn überhaupt, mit Zeitungspapier ausgeschlagen. Niemand wäre auf die Idee gekommen, da eine Plastetüte zu versenken.

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