Untergehen ist das Eine, unter der Oberfläche bleiben das Andere. ;-)

Dienstag, 21. August 2012

Neumarkt-Arkaden Meißen II – wo die Kaufkraft Urlaub macht


Die drei Grundregeln meiner investigativen Schmierfinkerei besagen, daß ich trotz gründlicher Recherche meinen eigenen subjektiven Gedanken den Vorrang gebe, mich der Fairneß verpflichtet fühle, falls diese angebracht sein sollte, und bei der Berichterstattung gewisse Themenkomplexe über längere Zeit begleite.

Einer davon ist die Kaufkraft zu Meißen. Wie ich schon im März in einer längeren Abhandlung berichtete, wurde dem Meißner Bürger mit den Neumarkt-Arkaden ein Fachmarktzentrum beschert, mit dem er nicht so recht glücklich zu sein scheint und das auch außerhalb für Nachdenklichkeit sorgt. Nachzulesen im Forum für Meißen – ein Quell der Freude und Erquickung – und dem Zittauer Stadtforum.

Da ich derlei anonyme Meinungsäußerungen renitenter Bürger mit Vorsicht genieße – das gilt auch für meine eigenen Texte – und es vorziehe mir selbst ein Bild von der aktuellen Lage zu machen, bestieg ich dieser Tage meinen Wagen und reiste ins Einkaufsparadies zu Meißen.

Kurz: Viel geändert hat sich nicht. Aber auch kleine Bemühungen das Fachmarktzentrum zum wirtschaftlichen Erfolg zu führen, verdienen Beachtung und Anerkennung.


Die wohl wichtigste Reform, ist die in aller Stille und Heimlichkeit durchgeführte neue Parkplatzregelung. Nicht oben auf dem Dach der Anlage – da regiert und kassiert immer noch die Contipark – sondern daneben wurde eine Möglichkeit geschaffen, sein Auto abzustellen, ohne eine Parkplatzgebühr, oder in diesem Falle ein Strafgeld, zu bezahlen. Als Urheber dieser grandiosen Idee gilt laut unbestätigten Berichten der Meißener Oberbürgermeister Raschke. Aber genaues weiß man nicht und in Meißen gilt bei allem: Keiner will es gewesen sein. Mehr zu den Bürgermeistern dieser Stadt, ihren grandiosen Ideen und meinen bescheidenen Beiträgen dazu, erfährt der mir geneigte Leser am Ende dieses Berichtes in einem kurzen Abriß.

Die Parkgebühr auf dem Dach des Verbrauchertempels ist zwar vergleichsweise gering, aber eine hohe psychologische Hürde für jeden Besucher. Wenn er da oben schon sein Geld in eine verbraucherschutz- und gerichtsbekannte Firma stecken muß, bleibt das vage Gefühl, daß es eine Etage darunter nicht anders werden kann, und hält sich die Taschen zu. Vor allem, wenn ihm die Geldbuße unerwartet ereilt.



Die mit dem roten Pfeil gekennzeichneten Schilder sind der einzige Hinweis darauf, daß das Parkdeck einer Gebührenpflicht unterliegt. Aber selbst, wenn man diese bei der Einfahrt bemerkt, hat man keine Möglichkeit sie ausreichend zu lesen, geschweige denn anschließend wieder umzukehren. So vor den Kopf gestoßen, soll der Bürger seine Kaufkraft ungezügelt wüten lassen? Das funktioniert vielleicht in London, Tokio, Paris oder Chemnitz-Ost aber nicht in Meißen.


Die gutgemeinte Ampel vor der Parkdeckeinfahrt erweist sich meines Erachtens auch eher als Verkehrshindernis und Konjunkturabgabe, als eine sinnvolle Einrichtung. Erfahrungsgemäß herrscht oben auf dem Parkplatz nicht die große Hektik, so daß sich die Ein- und Abfahrten an einer Hand abzählen lassen. Wenn einem das überhaupt gelingt. Während ich da rumlungerte und mein weiteres Vorgehen überdachte, stoppte diese Verkehrsleiteinrichtung den Verkehr, ohne daß ein Fußgänger die Straße querte oder ein Wagen die Abfahrt nutzte. Nun bin ich zwar ein Mann der schnellen Entschlüsse, aber da ich auch der historisch bedingten und der neu gestalteten Fassade des Marktes meine Aufmerksamkeit widmete, verbrachte ich mindestens 10 bis 15 Minuten vor dem Objekt und konnte mich an den entnervten Gesichtern der Fahrzeugführer weiden, die da ein völlig sinnlose Zwangspause nahmen.

Um den nichtkundigen Leser die Problematik der Fassade des Neumarktzentrums näher zu bringen, verweise ich auf folgende Photos.


So sieht die historische, noch erhaltene Fassade der ehemaligen Meißener Keramikwerke aus. Unbestritten ist, daß diese Gestaltung nicht mehr zeitgemäß und sich in einer moderneren Form in der Hülle der Arkaden widerspiegeln sollte. So wurde es auch mit der AVW-AG, der Mutter des Projekts, abgesprochen und als Auflage festgehalten. Was an sich nicht das Problem gewesen wäre. Wozu gibt es Architekten? Nur leider hat der bei der Auftragserteilung nicht richtig hingehört oder bei e-bay waren gerade die Dachziegel knapp – wer weiß das schon? Jedenfalls hat man dann diesen Murks projektiert und zum Leidwesen der Stadt auch noch gebaut.


Schön nicht? Naja, egal. Irgendwann fallen die Dinger ab und keiner muß sich mehr darüber aufregen. Obwohl mir da so ein systemkritischer Spruch einfällt: Ruinen schaffen ohne Waffen. War das im Sozialismus oder im Kapitalismus? Letzterer gilt ja im allgemeinen als das schnellere Gesellschaftsmodell. Ein Bäcker oder so etwas Ähnliches hat sich wohl schon vor der Kaufkraft in Meißen ergeben. Der war wohl etwas konkursängstlich. Aber so etwas paßt eh nicht zu dieser Stadt. Dort wird gekämpft bis auf das Messer, bis zum letzten Mann und der letzten Semmel. Außerdem, ob es nun einen Bäcker mehr oder weniger in dieser Kommune gibt, ist eh »wurschd«.
Aber das mit den Ruinen ist noch Zukunftsmusik. Aber man kann sich sicher sein, daß ich auch darüber noch berichten werde.


Oben auf dem Parkdeck angelangt, kann man die zweite, wenn auch unspektakuläre, Erneuerung genießen. Das, was ich als Betonbecken für die Frischfischhaltung identifizierte, erweist sich als geschmacklich gut integrierte Blumenkübel. Da ruht das Auge auf sattem Grün und es zeigt sich ein zuversichtlicher Kontrast zum Betongrau des großzügig angelegten Parkdecks. Wenigstens hier wurde nicht gekleckert, sondern geklotzt.



Wobei mir die Ähnlichkeit zu einer Landebahn auffiel. Oder besser zu einer Abschußrampe. Hat man hier in die Zukunft investiert? So klammheimlich? Meines Wissens gibt es aber auf dem Mond noch keine brachliegende Industriegelände, auf denen man Konsumtempel errichten könnte – bis Zittau fährt auch eine Bahn – geschweige denn ein Straflager für Architekten. So wird es denn ein Parkdeck für die Filialleiter des Marktes und ahnungslose Touristen bleiben …


… oder eine Kegelbahn werden.

Mir fällt noch eine andere Ähnlichkeit beim Betrachten des zweiten Bildes, oben im Text (das erste hat nicht viel zu sagen und dient nur zur Dekorierung), ein. Wenn man sich mal das Grün weg- und eine geschlossene Schneedecke dazudenkt, dazu einen grauen, nicht enden wollenden Himmel, meint man in einer weit entfernten Stadt, besser Ortschaft, zu sein. Mir will jetzt partout deren Namen nicht einfallen, aber bekannt ist sie geworden, weil nicht weit von ihr entfernt – ca. 900 km – im Dauerfrostboden ein 1,5 Mio Jahre altes Mammut gefunden wurde. Das Fachmarktzentrum hat schon etwas Mondänes an sich.


Was mich verwundert ist, daß sich die Gilde der verkannten Künstler noch nicht am jungfräulichen Beton vergangen hat. Oder wird der regelmäßig gereinigt? Normalerweise vergeht doch kein Tag oder keine Nacht, ohne daß die jungen, wilden Sachbeschädiger eine freie Betonfläche für ihre abnormen Botschaften an die Welt nutzen. In der Bronx war das damals ganz witzig, aber hier? In Meißen? Vielleicht haben die ja wirklich eine Ehre im Leib und beschmieren tatsächlich nicht alles. So mondän ist das Ganze wohl auch wieder nicht.


Hinter den Arkaden ist vom S-Bahnanschluß Altstadt noch nichts zu sehen. Aber da ich nicht weiß, wann der gebaut werden sollte, kann ich diesen Fakt nicht bemängeln. Vielleicht ist das Bauvorhaben auch schon wieder gestoppt wurden. Wundern würde ich mich nicht darüber. Es lohnt ja kaum.


Aber es wäre schade um diese schöne Bahnhofshalle. Versuchsweise könnte man sie ja mit dem Busbahnhof zusammenlegen. Gewartet wird hier und eingestiegen auf der anderen Elbseite. Das sind ja nur 10 min Fußweg bis dahin.


Das vielzitierte fehlende Glasdach stand, im nachhinein betrachtet, doch der umfassenden Begrünung der Meißener Neumarkt-Arkaden im Wege. Baum oder Überdachung, daß war hier die Frage. Löblich und ökologisch korrekt hat man sich für die Bepflanzung entschieden.


Ansonsten herrscht die gewohnte Langeweile auf dem Promenadendeck. Keine Aufsteller, keine lustwandelnde Kundschaft, nichts. Vielleicht will man auch den Fluchtweg nicht verstellen. Es fragt sich nur für wen.


Allerdings gibt es auch keine leeren Schaufenster mehr, wie es schon angeprangert wurde. Da steht inzwischen schon was drin. Und ob die Gerüchte von einer umfassenden Mieterflucht stimmen, kann ich nicht beurteilen. Ich lag ja auch fehl in der Annahme, daß da gar keiner einziehen würde. Insofern gelte ich als befangen.

Alles in allem betrachtet, macht die Kaufkraft gerade Urlaub. Das ist auch kein Wunder bei der Hitze. OB Raschke hat da auch gleich einen zündenden Einfall: Eine Eisdiele muß her! Dann schleckert die Kaufkraft vielleicht eiskalt Gefrorenes. Aber, ob sie dann auch wie erhofft wütet? So ein paar zündende Einfälle hätte ich auch auf Lager. Ich muß sie ja nicht verantworten oder finanziell dafür gerade stehen. Wie wäre es mit einer Grundsicherung für alle notleidenden, einsitzenden Filialen? Die Stadt übernimmt komplett die anfallenden Mieten und beschäftigt die Verkäufer auf der Basis einer Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung? Viel zu tun haben die ja sowieso nicht. Da reicht die Stütze. Das müßte natürlich groß, über einen europäischen Fond, aufgezogen werden, damit man nicht in den Verdacht kommt, ein Sozialkaufhaus zu etablieren. Ein schwieriges Unterfangen. Die erste Wahl für solche windigen Unternehmungen wären wohl die Fachmänner vom Europazentrum Meißen gewesen. Aber das ist auch schon längst selber pleite. Dann wird aus dieser schönen Idee zur Rettung eines typisch abendländischen Kulturguts wohl nichts. Schade.

Vielleicht hilft eine Kampagne? So, wie damals, vor mehr als 10 Jahren? Wir erinnern uns? Sie scheint sich tief in das Gedächtnis der Bürger eingefräst zu haben. Ich weiß gar nicht, wer damals in Meißen gerade an der Macht war. Mir spukt da ein Herr Pohlack, Architekt (!), oder ein Herr Wähling im Kopf umher. Vielleicht liege ich mit den Beiden völlig daneben – es ist einfach zu lange her. Eine Lotte geisterte damals auch durch die Gegend. Aber zu ihr fällt mir nur der Bahnhof ein. Weiß der Geier warum. Aber letztendlich ist es auch völlig egal, wer da welchen Posten innehatte, weil – wir ahnen es – es sowieso keiner gewesen sein will und alles schon verjährt und vergessen sein dürfte.


Diese Hilfsaktion sollte zur Belebung der Altstadt dienen und war ein einmaliger, voller Erfolg. Ihr knallharter Slogan »Komm doch mal rüber!« war etwas erklärungsbedürftig und sorgte vorübergehend für Verwirrung. Der dazugehörige Aufkleber wurde ja unter das Volk geworfen und klebte dann an jedem Gartenzaun und an jeder Mülltonne. Gemeint war aber, daß der Bürger auch mal von der rechten Elbseite zur linken wechseln solle. Nachdem man diesem das erklärt hatte, manch Meißener wußte damals nicht, auf welcher Seite sich der Dom – versinnbildlicht durch das Aufklebermännel mit der Blume (welches mir so gut gefiel, daß ich kurzzeitig drauf und dran war, im Dom zu Meißen einen Floristik-Laden zu eröffnen) – befand, ließ dieser alles stehen und liegen und rammelte über die Brücke in die Altstadt. Dort angekommen, schaltete sich sein Gehirn wieder zu und er fragte sich, was er eigentlich dort soll. Unter »Altstadt beleben« konnte er sich rein gar nichts vorstellen und eine schlüssige Antwort steht, bis auf ein stereotypes »einkaufen!«, von den Initiatoren dieser Aktion, bis heute aus.


Aber was spricht dagegen die Kampagne neu zu beleben? In leicht abgewandelter Form? Zum Wohle und dem Gedeihen des Meißener Einkaufsstützpunktes? »Komm doch mal rein!« klingt auch nicht so verkehrt und der Bürger weiß auch aus Erfahrung, was er da zu tun hat. Einkaufen. Gut, der Marketinghammer ist das nicht, aber immerhin besser als gar nichts.

Vielleicht hilft es ja. Wer weiß das schon?


Übrigens, wer einen Büroraum braucht, ist in den Neumarkt-Arkaden gut aufgehoben. Da ist noch Platz für alle Interessenten.

Ganz in der Nähe kann man auch einkaufen.

9 Kommentare:

  1. Bilder, die eher zu einem Nuklearunglück, als zu einem Konsummekka passen.

    Da muss ich unbedingt mal hin.





    nicht
    ;o)

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  2. Die machen sicher auch etwas Weihnachtsklimbim. So mit »huhu!« und glöckchenkling«. Alles schön im Meißner Wintermatsch. Wir starten dann den Weihnachtsbesuch dahin und nehmen dich unter vorgehaltener Waffe mit. *ggg*

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  3. Guter Vorschlag! Soviel Einkaufsmumpitz läßt sich nur mit einer gepflegten Portion Glühwein ertragen. Weiß bevorzugt.
    Aber ob das Urlaubstempelchen der Kaufkraft im Winter noch geöffnet sein wird...?
    Wobei - das Weihnachtssüßkramzeug liegt bestimmt pünktlich ab 1.September in den Regalen. Das war doch der offizielle Winterbeginn, oder?

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  4. So viel Schwachsinn auf einmal hab ich noch nie gelesen.

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  5. Nein? Macht nichts. Deswegen mußt du dich nicht schämen. Es gibt immer ein erstes Mal. Du kannst meinen Blog da ruhig als Weiterbildung nehmen. *g*

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  6. Sie müssten mal nach Zittau kommen, da bestehen vorzügliche Möglichkeiten für ironische, ja sarkastische Darstellungen, zumal hier auch die AVW AG einen großen Schnitt machen will. Die Sylvia Quandt Research GmbH aus Frankfurt/Main regte schon an, dass man deren Aktien kaufen solle, wegen günstiger "Projektpipeline". (Issn das? Hat das etwas mit dem erwähnten Mammut und dem Nuklearunglück zu tun?) Wegen Projekten in Zittau und Weinheim wäre mit 30 % Kursanstieg zu rechnen... Als Begründung für das doppelte Parkdeck nennt man die schöne Aussicht... Tiefgaragen wären ja so unangenehm... Dabei wären sie in Zittau ja gerade obptimaal proojegkt-peipeleinigg, weil man schon in 3,50 m Tiefe Kohle findet. Die Basis des geplanten Centers liegt bei etwa 240 m über der Ostsee. Im benachbarten polnischen Tagebau ist man inzwischen so tief vorgedrungen. Im Osten ist also viel Kohle herauszuholen, mehr als in Zypern... Herzlichen Gruß!

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  7. Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah? In Meißen ist schon das nächste Fachmarktzentrum im Gespräch. Da wird es für mich und den Rest der neiderfüllten Welt nicht langweilig. Soll die AWV ruhig in Zittau ihr heilsbringendes Werk verrichten. Für einen Atheisten, der Ruhe und stille Einkehr sucht, wäre das eine gute Alternative zur angestaubten Kirche.

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  8. Naja seit der S-Bahnhof gebaut wurde ist schon mehr los und wenn ich mit der S-Bahn rüber fahre oder von arbeit komme geht der Weg durch die Arkaden, so schlimm ist das EKZ nicht, geht aber auch besser.

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