Mittwoch, 22. Juni 2011
Weil ich böse ehrlich bin
Der mir geneigte Leser möge aufatmen: Unterteilt ist der Text in Kapitel und statt derer 11 hätten es auch locker 35 werden können. *g*
Wo fängt die harte Arbeit an und das Freizeitvergnügen auf? Ist Puzzeln, Sudoku Spielen, kontrolliert Saufen, Joggen oder Häkeln ein Knochenjob oder Spaß pur? Manche prügeln sich im Ring ins Koma, andere in der Kneipe. Ein Anderer verfaßt nach der Frühstückspause Mahnschreiben und nach dem Abendbrot Liebesgedichte. Ein ganz Anderer weiß nichts mit sich anzufangen. Weder auf Arbeit noch zu Hause. Aber er ist entspannt und zufrieden damit. Darf man bei der Arbeit Freude empfinden? Und wenn ja, warum wird sie dann als solche empfunden? Die Grenze zwischen Karoshie und dem Ableben aus glückseliger Altersschwäche ist ebenso fließend, wie jene zwischen Kunst und Krankheit oder die zwischen Genie und Hirntod. Jeder hat sie für sich anders gesteckt und bei jedem ist sie unterschiedlich hoch.
Wenn ich einkaufen gehe, weiß ich auch nicht so recht, ob ich mich in Lebensgefahr begebe oder ob ich mich friedlich entspanne. Es ist für mich wie ein Schlängellauf oder ein Gewaltmarsch entlang dieser Grenze oder wie ein Tanz auf einem Vulkan. Meinem Vulkan. Tief in seinem Inneren lauern meine wachen Sinne und sie verschlingen alles, was meine zehn in Reihe geschalteten Überdruckventile zum Kollabieren bringen könnte. Das klingt seltsam, aber das sind alle gut funktionierende, selbstregulierende Systeme. Meines verhindert, daß meine zart ausbalancierte Seele aus ihrer Mitte kippt, wenn sie, einem Staubsauger für atomaren Restmüll gleich, ihre Umwelt reflektiert. Bis zum Bersten vollgestopft, zerplatzt sie nicht sinnlos im Nichts, sondern kotzt sich ihren Leib auf die Füße oder in das eine oder andere entspannende Machwerk.
Capitulum I
Vor mir watschelt, die Schuhspitzen nach außen gestreckt, ein Homunkulus, vermutlich weiblich, unbestimmten Alters. Ihr Arsch kann nicht von Gott gewollt sein – so viel abgründige Phantasie hat der alte Spaßvogel nicht –, und auch keine aus dem Ruder, aus den Nähten, gelaufene Mutation ist in der Lage, Mutter Naturs Laune derartig zu verderben, damit sie einen Menschen so unmißverständlich benachteiligt. Zwei aus reinem Pudding bestehende Medizinbälle reiben sich unter ihrem Hosenstoff – dort wo Gott einen Po vorgesehen hatte und wo kräftige Männerhände gern prüfend verweilen. Nein, so etwas will man nicht anfassen – niemand, auch keine perverse Sucht, kann einen dazu zwingen –, auch nicht sehen – Augen zu und daran vorbei –, aber man muß es hören. Zwischen ihren Oberschenkeln hat die Luft eine Atempause. Vom Schritt bis zu den Knien hat dieses mißlungene Experiment einer Fortpflanzung keinen Platz für etwas anderes als Hosenstoff vorgesehen. Keine wohlmeinende Hand, von wem oder was auch immer, nicht einmal eine Scheckkarte von einem geschändeten Konto kann man dort versenken. Nur erbarmungslos zusammengepreßter Stoff zerreibt sich zwischen ihren Schenkeln. Selbst 5m hinter ihr höre ich seine Schreie: Pfritsch!, pfratsch!, pfritsch!
Auch wenn Gott seine Fürsorge und Aufsichtspflicht bei der Entstehung dieses Wesens grob fahrlässig vernachlässigt hat, kommt er ihr hier, vor der Kaufhalle doch noch nach. Sie watschelt zu den Einkaufswagen, löst einen aus und verschwindet mit ihm durch den Eingang aus meinem Blickfeld, und er macht, daß sie sich dabei nicht zu mir umschaut.
Capitulum II
Drinnen, direkt hinter dem Eingang, versperren mir zwei abgetakelte Fregatten den Weg. Ihre Einkaufswagen kreuzen sich und bilden ein Bollwerk gegen nachrückende Einkäufer. Diese müssen einen Umweg an den alkoholfreien Getränken vorbei nehmen, um in das Ladeninnere vorrücken zu können. Die Beiden stört das nicht im Geringsten. Sie fühlen sich, als das Wichtigste und Unnahbarste, was es zwischen den beiden Müllhaufen im Himmel und auf Erden gibt, dabei sind es nur zwei Verwaltungsfachangestellte jenseits der Fünfzig, die sich über ihre letzte Gallenoperation und über die Konfirmation der Bäckerstochter unterhalten. Beide haben ärmellose, sackartige, dezent-bunte Gewänder an, die im krassen Gegensatz zu ihrer mehlig-grauen Haut stehen. Auf ihr tummelt sich ein Reigen aus Pigmentstörungen, Hautanomalien und zerquetschter, oder versehentlich von Rasierklingen, beim Ausschaben ihrer Achselhöhlen, geköpfter Pickel. Ihre Unterschenkel tragen einen Drei-Tage-Bart und zwei gleich unförmige, aber unterschiedlich ausladende Körper. Der eine ist ausgetrocknet und ledern, bar jeglichen Unterhautfettgewebes, als wäre er im alten Ägypten mumifiziert worden oder beherberge seitdem Krebs im Endstadium und der andere sieht aus, als hätte er heute schon drei Schwarzwälder Kirschtorten intravenös zu sich genommen. Es sind also zwei ganz normale Frauen im besten Alter, die sich auf der Höhe der Zeit befinden, die mit allen Abwässern gewaschen wurden und denen man nichts vormachen kann. Das sollen zumindest ihre Frisuren und ihre sauteuren Brillen, die sie wie ein Parkverbotsschild tragen, verdeutlichen. Erstere sind auf Fasson geschnitten und ihre knubbeligen Nacken ausrasiert und Zweitere einfach nur lächerlich.
Sie sind so lächerlich, wie ihr vergangenes Leben. In der Schule fing das gutbürgerliche Desaster an. Vorher war es eine frühkindliche Katastrophe. Beide waren aufmerksam, fleißig, strebsam und hoffnungslos überfordert. Statt den Unterrichtsstoff zu kapieren, mußten sie sich darauf beschränken, ihn auswendig zu lernen. Der gute, alte Frontalunterricht machte es ihnen dabei leicht und sie erreichten, zumindest auf dem Papier, ein halbwegs brauchbares Zeugnis, was ihn den Einstieg in den Staatszirkus ermöglichte. Dort wird verwaltet, und verwalten heißt, auf Papierkram zu reagieren, wenn man es als notwendig ansieht. Das kann durchaus schon mal passieren. Aber dafür gibt es Vorschriften, Regelungen und Durchführungsbestimmungen, die eins gemeinsam haben: Es ist auch nur Papierkram und wo was geschrieben steht über das, was es zu regeln gilt, kann man auch auswendig lernen. Wie gehabt also.
Einmal dort am Schreibtisch angekommen, ist man schon am Ziel seiner beruflichen Laufbahn. Da ändert sich nichts mehr. Einzig die Erhöhung der Besoldungsstufe bringt über die Jahre etwas Abwechslung in den Büroalltag. Ja, so hart kann Arbeit sein. Da ist etwas Entspannung immer willkommen.
Die Berg- und Heimatromane im Drei-Groschen-Format lagerten erst unten rechts im Schreibtisch und stapelten sich von da ab nicht nur durch sämtliche Schubladen nach oben, sondern auch durch sämtliche Tische quer durch den belesenen Verwaltungstrakt. Der Gesamtumfang der Schund- und Schmutzliteratur in jeder Behörde würde das Fassungsvermögen jeder Stadtteilbibliothek sprengen, wenn sie diese einlagern müßte und sie dient demselben Zweck. Nur das in den Amtsstuben nicht ausgeliehen, sondern getauscht wird. Wie auf dem Schwarzmarkt. Tausche Aufenthaltsgenehmigung gegen unkomplizierten Sex, wie in Dresden geschehen. Aber soweit würden die zwei Quasseltanten nie gehen. Die tauschen nur ihre Arzt-Liebes-Glück-Heftchen untereinander. Damit sie nicht durcheinander kommen, oder aus Versehen ein Romanchen zweimal lesen, unterschreibt jede auf dem Titelblatt mit ihrem Namenskürzel. Hat ein Heft 25 Krakel zu verzeichnen – soviel wie die Verwaltung Mitarbeiter hat – wird das Heft entsorgt oder im Klöppelkurs, beim Kaffeekränzchen oder in der Nordic-Walking-Riege privat weitergegeben.
Genau diese Heftchen veranlaßten die beiden Unerschrockenen an der Quasselfront nach 10 Jahren Dienst am Volke, also mit ca. 30 Jahren, ihre Sexualität zu entdecken. Das haben sie nach anfänglicher Begeisterung schnell wieder sein gelassen. Für ihre Experimente am lebenden Mann organisierten sie sich zwar zwei Objekte, die rein optisch gut zu ihnen paßten – die alten Bezeichnungen »vierschrötig« und »grobschlächtig« treffen es nicht ganz, daher würde ich sie verharmlosend als »grobgeschlechtlich« bezeichnen, aber dumm fickt nun mal nicht gut und so beschränkten sie es darauf Nachwuchs anzusetzen, ihn auszutragen und die Sache für beendet zu erklären. Inzwischen ist der Nachwuchs aus dem Haus, wohnt in einer Verwaltung und auch die Sexualobjekte sind nicht mehr präsent, weil auf der Flucht oder unter der Erde, so das sie wieder Zeit und Lust auf Sex haben könnten.
Capitulum III
Das Blöde ist nur, daß so ein ungezügelter Sex, wie er ihnen im ZDF bei Rosamunde Pilcher vorgespielt wird, nicht von alleine an ihrer Tür klingelt. Da klingelt nur der diskrete Versand, mit einem sauteuren batteriebetriebenen Spaßteil. Das haut zwar erstmal voll rein, wenn man nichts gewohnt ist, aber so rein mechanischer Sex ist auf die Dauer auch nicht das Wahre. Außerdem löst er das Rätsel um den sagenumwobenen Orgasmus nicht. Das mußten sie aber noch ergründen und so ließen sie sich auf diverse Abenteuer mit erfahrenen Strahle-Rentnern aus der überbetrieblichen Wander- und Kegelgruppe, die einmal wöchentlich das Café Heideglück zum Tanztee frequentieren, ein. Sie waren beseelt von dem Wunsch, wieder oder besser: Überhaupt einmal! verliebt zu sein, wie ein junges Reh durch den dunklen Wald der Lüste zu springen und dabei von einem brünstigen Hirsch gepreßt zu werden.
Was dabei, besonders bei diesen beiden Prachtexemplaren, nur herauskommen kann, erspare ich mir. Ein hochnotpeinliches Kuriosum an stutenbissiger Hormonstörung feinster Auslese vermutlich. Seitdem schreiben sie Desaster so: Ddeessaasstteerr.
Um das eigene Elend zu verdrängen, werden sie nun in ihrer lesefreien Zeit aktiv. Ablenkung heißt die Devise. So schlau sind sie immerhin, daß sie bemerkten, daß ihr allabendliches Shoppen vor dem Fernseher - als Selbstbelohnung - ihnen nur die Bude zumüllt, und daß sie bei der Dosis an Schlaftabletten, die sie sich jeden Abend einwerfen müssen, um ins Bett zu kommen, von Medikamentenmißbrauch schon gar nicht mehr sprechen können.
Ihr Plan heißt Kunst und Kultur genußvoll erleben. Sie besuchen jede Ausstellungseröffnung des örtlichen Kunstvereins, treiben sich auf Premieren jedes Schmierentheaters herum und nehmen jede Buchvorstellung in der Stadtbibliothek zum Anlaß, jedem ahnungslosen Anwesenden mit ihren Kenntnissen über den lokalen Weinanbau auf den Nerv zu fallen. Nach drei erfolgreich überstandenen Weinproben und einem Vortrag über die Geschichte Sachsens und den Trinkgewohnheiten August des Starken fühlen sie sich dafür prädestiniert. Dabei fällt auch niemanden auf, daß der auswendig gelernte Weinkatalog französische Tafelweine beinhaltet und nicht die Krone sächsischer Winzerkunst. In solchen Kreisen pflegt man zwar unbeherrscht zu labern, aber nicht jemand anderem als sich selbst über Gebühr zuzuhören.
Wie auf Kommando verlagern die zwei Weinkennerinnen nun ihren kurzen Schwatz unter Freundinnen vor das Regal mit dem gekelterten Traubensaft. Davor angekommen, werden sie jetzt mindestens 2 Stunden fachsimpeln, aber mir auch den Weg zum Spirituosenlager freigeben.
Capitulum IV
Wenn man in einer Kaufhalle allein sein will, schlage man seine Zelte vor dem Regal mit den harten Sachen auf. Hier zeigt sich keiner öffentlich oder nur gut getarnt. Erfahrene männliche Trinker greifen nur im Vorbeihasten zielsicher ins Schnapsregal und schwupp, ist die Pulle Nordhäuser Doppelkorn zwischen den Bierflaschen im Einkaufswagen verschwunden. Frauen dagegen tarnen sich ab. Die laden erst 20 Flaschen Cola in den Wagen und umkreisen heimlich die Schnapspullen bis keiner guckt. Dann schlagen sie aus der Sonne kommend zu und schnappen sich den Whisky. Den plazieren sie kaum sichtbar neben den Cola Flaschen, so das jeder der genau hinschaut denken muß, daß sie die eine kleine Flasche Alkohol mit den 20 großen Flaschen Cola mischt, bevor sie die, über die Woche verteilt, Abends vor dem Fernseher genießt. Dabei schüttet sie die 20 Cola in den Ausguß und die Pulle Whisky auf Ex in sich hinein.
Ehrliche Trinker haben das nicht nötig. Die wissen, was sie wollen und verfallen nicht in Hektik. Ganz ruhig gehen sie die Sache an und nehmen sich eine ihrer Flaschen aus dem Regal. Es folgt ein kurzer prüfender Blick auf das Etikett, ein kurzer Ruck und der Schraubverschluß ist auf. Sie halten die Nase an die Flasche und inhalieren den Duft des Fusels ein, um sich anschließend einen tiefen Schluck aus ihr zu gönnen. Die Flasche wandert nun in den Wagen und es folgen ihr noch weitere der selben Sorte. Nur selten wird sie zurück in das Regal gestellt oder verschwindet in der Manteltasche. Ehrliche Trinker haben ihren Ehrenkodex, welcher besagt, daß man sich seinen Fusel selbst kauft und ihn nur im einfachen oder im äußersten Notfall klauen darf. Der einfache Notfall tritt ein, wenn die Stütze, das Gehalt, der Lohn oder was auch immer alle ist oder von der Mutti gesperrt wurde. Der äußerste Notfall tritt ein, wenn auch der Späti keinen Kredit mehr gibt.
Eine Ausnahmeregelung scheint für Wladimir Iwanowitsch Mielke zu gelten, wie ich eben überrascht feststellen muß. Der Mann sieht aus, wie unser seliger Geheimdienstchef persönlich. Nach dem GAU in seinem Ministerium versteht sich. Klein und heimtückisch blinzelt er trüb durch seine Brille. Bereit, jeden Eindringling in seine Privatsphäre standrechtlich erschießen zu lassen. Diese befindet sich in seinem Einkaufswagen, den er mit beiden Händen so festhält, daß seine Fingerknöchel weiß hervortreten und sie besteht aus sechs Flaschen Wilthener Weinbrand. Die Ähnlichkeit ist frappierend, aber ich kann mich nicht erinnern, daß Erich Mielke in einer Hausjacke und mit Pantoffeln an den Füßen den Klassenfeind oder dem BFC Dynamo jemals gegenübergetreten ist. Des Rätsels Lösung scheint in der aufgeregten Margot Honecker zu liegen, die eben um die Ecke kurvt.
»Erich!«
Ich schmeiß mich weg.
»Erich! Ich such dich überall! Wo du nur wieder steckst?!«
An der Basis, bei seinen Genossen. Die sechs überlebenden Veteranen aus dem Spanienkampf.
»Mensch komm jetzt! Die Ärztin wartet! Du kannst doch nicht einfach abhauen!«
Kann er doch. Auf leisen, geheimdienstlich erfahrenen Sohlen sozusagen. Weit gekommen ist er nicht. Die Arztpraxis liegt gegenüber auf der anderen Straßenseite. Aber jetzt kommt etwas in Bewegung in den Mann. Sein Kopf schnellt herum, wie beim »Richt euch!«.
»Ich habe gewartet! Wieso nimmt die mich nicht gleich dran?«
Zornesröte steigt in sein Gesicht und eine Betroffenheit geht von ihm aus, um die ihn jeder Bürgerrechtskämpfer der DDR beneiden würde.
»Weil vor dir noch andere dran waren. Wir waren ganze drei Minuten zu zeitig in der Praxis. Drei Minuten hättest du ruhig warten können! Vor allem, weil die Frau Doktor immer so nett zu dir ist.«
Der alte Mann ist immer noch empört und seine Hände umkrallen fest die Lenkstange des Einkaufswagens.
»Ich habe gewartet! Zwei Minuten lang! Die kann mich doch gleich dran nehmen! Bin ich der Patient oder sie?«
Sein Widerstand bricht zusammen.
»Jetzt komm Erich! Mach kein Theater! Wir brauchen doch nur dein neues Rezept. Das dauert keine fünf Minuten. Dann können wir immer noch einkaufen. Laß den Wagen derweil hier stehen. Der läuft dir nicht weg.«
Margot greift dem Erich von hinten unter die Schulter und Erich läßt sich bereitwillig abführen. Ohne Wagen und in Pantoffeln. Sachen gibts.
Capitulum V
Weiter vorn, neben dem Gemüse lungert ein weibliches Trio herum. Sie ähneln sich nicht nur untereinander, nein, sie stehen da, wie durch den Kopierer geschoben. Nur der Zoom beim Kopiervorgang hat sich verstellt. Oder sie scheinen eben einer Matrjoschkapuppe entsprungen zu sein. Nur sehen sie viel hübscher und williger aus, als ihr hölzernes Pedant. Ein Jahr, 17 Jahre und 33 Jahre alt. Der Klassiker unter den Weglaufmodellen.
Die Rädelsführerin hatte, als sie selbst 16 Jahre alt war, nicht auf ihre Mutti gehört und sich nach der Disco unter einer Hecke einen Samenfaden unbekannter Herkunft eingefangen. Schmierinfektion. Da waren das Theater und nach der Tragezeit das Geschrei groß. Gut, sagte sich die damals Heranwachsende, da kann man nichts machen und daß sie nun durchhalten müßte, bis die Kleine aus dem Haus ist. Dann wäre sie Anfang 30 und noch nicht zu alt, um ihr Leben genießen zu können. Gesagt, getan. Was sie nicht ahnte war, daß sich ein klitzekleiner Softwarefehler in ihren Genen eingeschlichen und sie etwas umprogrammiert hat. Die Fehlschaltung mußte sie natürlich an ihre Tochter weitergegeben und diese funktioniert, wie ein Schläfer eines Geheimdienstes. Man spürt und weiß nichts von ihm. Erst wenn er aktiviert wird, läßt er die Bombe platzen.
Das tat der Fehler auch, als der Nachwuchs aus dem Gröbsten raus war und die Mutter sich anschickte ihr Leben zu genießen. Bumm! Die Gene schalten wieder auf hemmungsloses Gebären um. Aus der Traum vom Leben genießen. Wieder Schmierinfektion und wieder unbekannter Lebensspender. Der frischgebackenen Oma bleibt nichts weiter übrig, als den Essig des Lebens bis zur Neige auszukosten und sich um ihr Enkelkind zu kümmern. Bevor dies Sozialpädagogen und Verwalter machen. So sehr kann keine Mutter, die ihre 20 Sinne beieinander hat, ihre Tochter hassen, um denen das Feld kampflos zu überlassen.
Die Kleine ist putzmunter, ausgelassen und guckt kein bißchen verstört, also konnte noch kein Sozpäd Hand an sie legen. Soweit so gut. Nur: Gene können nichts vergessen. Ist das Programm installiert, läuft der Countdown bis sie zarte 16 Jahre alt ist. Dann beginnt das Spiel von vorn und die 33jährige Oma ist mit ca. 48 Jahren Uroma. Ich halte jede Wette, daß die Alte mit 60 Jahren einen gut geplanten Suizid hinlegt.
Capitulum VI
Der gut gebaute Samenspender steht schräg gegenüber bei den passierten Tomaten. Genau so einer könnte es gewesen sein. Braungebrannt, T-Shirt, Bermuda-Shorts, Sonnenbrille auf gegeltem Haar und seine Augen verraten, daß sein Gehirn auf »Stand by« geschaltet ist. Da funktioniert nur die Stromversorgung und ansonsten läuft das Notprogramm, das da heißt: Art erhalten – also alles vögeln, was irgendwie willig ist. Aber wenn ich mir den Inhalt seines Einkaufskorbes anschaue – Wegwerfwindeln, Babynahrung, Kinderklamotten in drei verschiedenen Größen und diverses Schulzeug – hat selbst die Notversorgung nicht reibungslos funktioniert. Der hat sich einkassieren lassen. Von einer Frau, mit der schlecht Kirschen essen und Kinder kriegen ist. Das arme Schwein finanziert ihr jetzt die drei Kinder – zwei davon sind nicht von ihm –, die Eigentumswohnung, ihren sauteuren Schlitten und ihre Abende mit ihren saucleveren Freundinnen. Der buckelt sich auf dem Bau krumm und weiß nicht warum. Der sammelt Überstunden wie früher die Weiber und fährt jede Sonderschicht, nur um nicht zu Hause bei seiner lieben Familie sein zu müssen. Wenn er doch mal muß – daß bleibt nun mal nicht aus – geht er stundenlang für sie einkaufen und überlegt sich dabei, wie er dem Schlamassel entfliehen kann.
Aber wer ständig Nummern schiebt, muß sich nicht wundern, wenn er aus einer nicht mehr herauskommt. Das ist das Wolfsgesetz der Libido. Es besagt auch, daß der Tag seines Einzuges bei seiner Kirsche und ihren Bälgern für sie ein guter Tag zum Sterben war. Da läuft nichts mehr. Für ihn. Sie hat garantiert einen Lustknilch in der Hinterhand, den er auch mitfinanziert. Er selbst steht auf dem Schlauch und auf dem Trockenen. So wie er die Oma und ihre 16jährige Tochter und Jungmutti anstarrt, hat sich sein Sexualtrieb von dem Schock seiner Familienwerdung wieder erholt. Heute Abend wird der Typ all seinen Mut zusammennehmen, sich auf das Klo schleichen und das machen, was er sich sonst nie getraut hat. Nein, nicht heimlich rauchen, sondern sich unheimlich einen runterholen und dabei an die Oma oder/und an ihre süße Tochter denken.
Capitulum VII
Der Puddingarsch hantiert am Backwarenregal, die Karteileichen sabbern noch zwischen dem Wein, das Trio trollt sich gen Kasse, der Angearschte will nicht nach Hause und Erich Mielke hat seinen Einkaufswagen wieder. Was will der mit sechs Pullen Weinbrand? Sich mit ihnen unterhalten und wenn sie nicht seiner Meinung sind, einfach wegschütten? Wie ein Alki sieht der nicht aus. Vielleicht will er auch nur vor Margot auf die Kacke hauen. Wer weiß. Zumindest hat er jetzt Schnürschuhe und keine Pantoffel mehr an.
Wen haben wir hier noch? Die beiden Öko-Spießer vorn neben der Kühltheke sind eigentlich nicht der Rede wert. Das sind Umwelt-Aktivisten der ersten Stunde, also aus einer Zeit, als es noch keine Umwelt gab. Die wurde von der DDR-Diktatur totgeschwiegen und sie haben darauf aufmerksam gemacht, als sie einen verlassenen Bahndamm mit Hilfe einer Sense vom Unkraut befreiten. Das wurde ihnen von den wachsamen Schergen der Staatssicherheit als ein bewaffneter, bandenmäßiger Überfall auf das historische Transportwesen der DDR ausgelegt und beide verschwanden für viele Jahre im »Gelben Elend«, der Strafvollzugsanstalt des MfS. Das war Anfang der 90er Jahre.
Später, nach ihrer Entlassung im Jahre 1994 organisierten sie ihren Widerstand neu und entwarfen verschiedene Kinderspielplätze an neuralgischen Punkten des Regimes. Da sich diese praktisch überall befanden, ersparte ihnen dies ein Menge Arbeit und bescherte der Staatsmacht schlaflose Nächte. Offiziell konnten sie nichts gegen Spielplätze haben, wenn sie ordnungsgemäß eingezäunt wurden. Inoffiziell fehlte aber das geforderte Geld dafür. Kaum wurde ein von den Freizeitextremisten vorgeschlagener Standort unter fadenscheinigen Gründen, meist verteidigungspolitischen, abgelehnt, stand ein neuer zur Disposition. Letztendlich war das System damit überfordert und knickte 1999 weg. Was für ein Erfolg!
Später in der Demokratie interessierte sich niemand mehr für ihre Pläne, weil es für solche Hirngespinste schlicht kein Geld zum verpulvern gab und die beiden Querdenker verlagerten ihre Aktivitäten wieder auf das grundsätzliche Dagegensein. Der universelle Protest erspart ihnen auch eine Menge Arbeit und so bleibt ihnen zwischen den Demos gegen Kernkraft, Stromleitungen, Autobahnabfahrten, Fluglärm usw. noch Zeit um ihr Auto zu putzen, sich um den Haushalt zu kümmern oder eben um einkaufen zu gehen. Letzteres natürlich unter Protest und Vorbehalt.
Da wären wir wieder bei der Ausgangsfrage: Was ist schuften bis zum Umfallen und was privates Vergnügen? Darf Protest Spaß machen? Und wenn ja, wem? Den Protestierenden oder den knüppelnden Bullen? In Stuttgart zumindest scheint die Freude am Konflikt gleichmäßig beide Seiten erfaßt zu haben. Trotz der Machtübernahme durch einen grünen Protestler gegen den Bahnhofsneubau, wird der Bahnhof trotzdem weitergebaut. Der Widerstand dagegen erwacht wieder und der ursprüngliche Protest läßt den aktuellen niederknüppeln. So funktioniert eben Demokratie. Die Bahn hat eben mit dem Geld des Steuerzahlers die meisten Stimmen auf sich vereint.
Capitulum VIII
Auch ich höre jetzt Stimmen. Vorn an der Kasse. Aber bevor ich mich damit befasse oder noch einmal auf den Puddingarsch näher eingehe, möchte ich betonen, daß es auch nette Menschen zwischen den Warenauslagen zu bestaunen gibt. Wie die junge Maid an den Restposten. Die ist Mitte 20 und hat trotz ihrer ca. 4jährigen Tochter noch nicht mit dem Leben abgeschlossen. Das kommt später, falls sie noch einmal auf so einen Arsch wie den Bermudabehosten reinfällt. Das ist zwar wahrscheinlich, aber da sie sich fest vorgenommen hat, dies nicht zu tun, dauert es vermutlich noch eine Weile, bis sie diese Pleite wieder vergessen hat. Wie heißt es so schön? Frauen greifen sich immer dieselben Männer. Sie können nichts dafür. In ihren Genen ist ihr Beuteprofil fest vorgeschrieben und den Rest erledigen Pheromone. Verliebt sein ist, rein chemisch gesehen, nun mal nichts anderes als eine handfeste Psychose. Da helfen keine Medikamente, kein Arzt oder ein tiefer Griff in die Erfahrungsbibliothek. Egal.
Das Schnurzi jedenfalls befindet sich noch in der Phase, in der sie meint, ohne einen Mann durchs Leben gehen zu können. Was durchaus möglich und erstrebenswert ist, aber nur selten gelingt.
Ihr neues Alleinleben scheint sie durch eine gelungene Renovierung ihrer Wohnung einläuten zu wollen. Sie stemmt gerade den vierten Eimer weißer Wandfarbe in ihren Einkaufswagen, genau auf die 5 Rollen Rauhfasertapete, die nun zerknitterte Makulatur sind. Damit wird sie viel Freude beim Tapezieren haben. Vielleicht lernt sie daraus und läßt die nachgekaufte Tapete ganz, denn die 5 Rollen reichen, in Frauenhand, maximal für die Toilette.
Wie erwartet, legt sie noch einen Boxenstop am Weinregal bei den Palavernden ein. Im Gegensatz zu mir, schiebt sie die zwei alten Schachteln aber einfach beiseite, um sich ihren Weg zu bahnen. Ja, manchmal kotzt mich meine Rücksichtnahme und Harmoniesucht an.
Das Schnurzi entscheidet sich kurzentschlossen für einen Cabernet Sauvignon. Die denkt wirklich, daß sie heute Abend mit dem Malern fertig sein wird und sich abschließend die Pulle gönnen kann. Das wird wohl nichts werden. Wenn ich mich recht erinnere, wohnt sie zwei Straßen weiter. Dort wird man heute noch Schreie zu hören bekommen: »Scheiß Leim! Fuck! Scheiß Tapete! Fuck! Scheiß Farbe! Shit Happens! « usw.
Warum nehmen sich junge, attraktive und intelligente Frauen eigentlich immer nur langweilige, hirntote Totalversager als Mann? Kann mir das jemand mal erklären? Warum nicht, z.B. mich? Ich bin erfahren, verläßlich, alltagstauglich – einkaufen, tapezieren, Müll herunterschaffen: das ist alles kein Problem –, in Fragen Kinderbespaßen bin ich Fachmann und kann selbst auf ein über die Maßen erfolgreiches und schon erwachsenes Exemplar verweisen. Bügeln, nähen, kochen, den Haushalt schmeißen kann ich auch – eigentlich brauch ich keine Frau – und in der Kiste schlage ich jeden jungen, rammeligen Hüpfer durch meine flexible ausgefeilte Technik. Rein optisch habe ich zwar schon bessere Zeiten gehabt, aber mein überdurchschnittliches gutes Aussehen hat sich zu einem reifen, lebenserfahrenen, interessanten Abbild meines Ichs gewandelt. Gut, ich bin 20 Jahre älter als das Schnurzi aber genau deswegen auch 20 Jahre eher tot. Da ist sie mit Mitte 40 wieder solo und kann sich ungestört für Kunst und Kultur interessieren. Für Wein scheint ihr Interesse ja schon geweckt zu sein. Versteh einer Frauen.
Warum der Puddingarsch nicht aus der Hüfte kommt, und noch immer bei den Backwaren rumalbert, verstehe ich auch nicht. Nein, so ein Gesäß kann nicht gottgewollt sein. So etwas kann man sich auch nicht in einer Verwaltung breitsitzen. Das geht nicht. Dann wäre er zwar breit aber auch flach und die verdrängten Fettzellen würden ihr als Bauch zwischen, nein, vor den Beinen hängen. Warum läßt die sich das nicht wegmachen? So teuer sind Abdecker nun auch wieder nicht.
Capitulum IX
So, langsam werde ich müde vom strengen Einkauf und das, was ich eigentlich holen wollte, haben die hier sowieso nicht. Das gibt es nur eine Kaufhalle weiter. Für das bißchen Kram, was in meinem Einkaufswagen liegt, hätte ich mir den Aufwand sparen können. Trotzdem ist der kleine Abstecher in diesen Ramschladen hier nicht umsonst gewesen. Mein selbstregulierendes System hat sich wieder eingepegelt und tendiert nun nach einer Tiefenentspannung, die ich gern an dem leckerem Schnurzi ohne ihre Farbeimern durchführen würde, aber dem ist nun mal nicht so, also werde ich erst an die Kasse und dann nach Hause trotten müssen.
An der Kasse erwartet mich eine andere Sonderform weiblicher Lebenslüge. Die Frau, die da sitzt, ähnelt in ihrer Erscheinung den beiden Verwaltungsfachangestelltinnen, sie hat aber bedeutend mehr Klasse und thront da eher, als das sie nur sitzt. So stelle ich mir eine entmachtete Königin in einem Straflager vor. Die ist so erhaben und unerreichbar für irdisches Ungemach, daß sie nichts und niemanden ihre Aufmerksamkeit schenkt. Einzig die Waren zieht sie flüssig über den Scanner, aber ihr ist es völlig egal, um was es sich jeweils handelt. Ich könnte ihr eine tote Krähe auf das Band legen – solange die einen Strichcode hat, wird sie diese ignorieren.
Manchmal gehe ich im Auftrag einkaufen und Frauenzubehör kaufen. Meist sind es Tampons oder Damenbinden, die in der Fäkalsprache Stöpsel und Bretter heißen. An der Kasse plaziere ich sie so auf das Band, daß sie von der Kassiererin erst im letzten Moment – am Scanner – bemerkt werden. Normalerweise bekomme ich von der Ladenhüterin irgendeine Reaktion. Sei es ein Lächeln, ein anerkennendes Nicken oder ein verschämtes Rotwerden. Aber bei dieser Diva verpufft meine Strategie im Nichts. Nix, Null, Zero. Keine Reaktion. Die klingelt auch nicht nach einer anderen Kassiererin, selbst wenn die Schlange quer durch die ganze Halle reicht. Sie lehnt jede Hilfe ab und erstarrt zu einem erbitterten Mahnmal, bei dem sich nur die Hände bewegen können.
Das ist auch kein Wunder, versteht sie sich doch als das ausgenutzte und angepißte Wesen auf diesem Planeten. Dabei fing ihr Leben vielversprechend an: Erst ein Einser-Abitur und ein begonnenes Medizinstudium an der renommiertesten Universität Europas. Sie war jung, schön, intelligent und ihr stand die Welt offen. Wie eine Furie kniete sie sich in ihr Studium, um eine der gefragtesten Hirnchirurginnen des Landes zu werden. Der Erfolg gab ihr recht: Jede Klausur, jeder Prüfung oder Facharbeit bestand sie mit Bravour. Sie war glücklich, bis sie ihre Verdammnis auf dem Semesterball kennenlernte. Er war das, was sie sich erträumte: Ein junger, attraktiver Medizinstudent aus gutem Hause mit tadellosen Benehmen und glänzenden Noten. Fortan lebte sie wie im Rausch. Der erste Geschlechtsverkehr mit ihm war göttlich, der Orgasmus überirdisch und seine Eltern stinkreich. Was will eine Frau mehr? Natürlich heiraten und Kinder bekommen, was sie auch noch gemeinsam durchzogen. Ihr Studium hängte sie an den Nagel und opferte sich ganz für ihre Familie auf. Sie hielt ihren Mann den Rücken frei und ermöglichte ihm einen sorgenfreien Facharztabschluß und die Promotion – all die Dinge, die sie selbst gern erreicht hätte, aber auf die sie mit Rücksicht auf ihn und ihre beiden Söhne verzichtete. Der Mann machte ihre Karriere und die Söhne wuchsen prächtig heran – vollkommener kann ein Glück nicht sein, wenn er nicht ständig irgendwelche Krankenschwestern flachlegen würde.
Ein Nervenzusammenbruch folgte dem nächsten und sie machten später Platz für ein gediegenes depressives Krankheitsbild. Heerscharen von Psychologen erklärten ihr, warum ihr Mann ständig fremdgehen mußte. Er leide an einer Persönlichkeitsstörung und Minderwertigkeitskomplexen, die er mit dem Erfolg bei Frauen zu kompensieren versuchte. Aber diese Erkenntnis half ihr auch nicht weiter, als er dann nach zwanzig Ehejahren die Scheidung einreichte. Das war das Aus für sie und der Anfang von mehreren Klinikaufenthalten, nicht als Starärztin, wie sie es sich in ihrer Jugend erträumte, sondern als eine Patientin unter vielen. Ihr Mann folgte den Gesetzen seines gehobenen Standes und heiratete eine junge, attraktive und intelligente Medizinstudentin, wie sie es selbst einmal war. Vor 20 Jahren. Sie hatte ihre Schuldigkeit getan, sie konnte gehen oder besser: sie wurde entsorgt.
Ihr bleibt nur die chemische Keule, den Job in der Kaufhalle und die Gewißheit, daß beides sie bis an ihr Lebensende begleiten wird. Von ihren Söhnen hört sie auch nichts mehr. Sie paßt nicht mehr in ihr erfolgreiches soziales Umfeld. Beide studieren Medizin und beide werden demnächst heiraten. Eine Medizinstudentin natürlich. Was sonst?
Capitulum X
Bevor ich bei der Alten da vorn abkassiert werde, können noch Jahre vergehen. Vor mir stehen noch 15 Gestalten an, die nur dieser Stadtteil auszuspucken vermag. Im Moment ist gerade ein dauerbreites Pärchen am Start, die nachmittags um 17.00 Uhr ihr Frühstück einkaufen.
»Eine Flasche reicht. Die braucht doch nur eine zum Scannen! Die anderen läßte im Korb. Sind das die Kippen, die du rauchst? Die hier sind aber gelb und nicht golden. Bist du dir sicher, daß die das sind? Na, von mir aus. Hast du die Brötchen nicht mit eingepackt? Ich find die hier nicht. Wie vergessen? Na, holst du die jetzt mal? Hier warten Leute! Ich bezahl da mal inzwischen. Muß sich die Trude eben noch mal neu anstellen. Was vergißt die auch die Brötchen? So etwas dämliches aber auch. Ich möchte mal wissen, wo ich die aufgegabelt habe. Das muß beim Kurt gewesen sein. Wo sonst? Mist, bezahlen kann ich jetzt nicht. Die Alte hat das Portemonnaie mitgenommen. So eine Scheiße aber auch. Da müssen wir jetzt warten, bis die wieder hier ist. Hoffentlich weiß die noch, wo sie die Semmeln hingeschmissen hat.«
Was liegt nun näher, als sich auf den Wagen zu stützen und seinen Tagträumen nachzuhängen?
Morgens, gegen 11.00 Uhr begrüßt mich meine Sekretärin mit der Botschaft, daß ich gestern wieder mal ein paar Millionen Euro versenkt habe. Gut, davon geht die Welt nicht unter und das kann jedem einmal passieren. Die paar Anleger werden sich auch wieder beruhigen. Warum werden die auch nicht stutzig, wenn ich von einem todsicheren Ding erzähle? Selber schuld. Das ist ihre Scheiß Gier. Da müssen sie eben ein, zwei Monate sparen, dann können sie schon wieder bei mir anlegen. Wozu bekommen die denn ihre Rente? Zum Zocken natürlich.
Die nächste Botschaft beunruhigt mich dann schon eher. Der Chef hätte eine sensationelle Spontanheilung hingelegt und er wäre aus dem Hospiz wieder herausgeflogen. In einer Schweizer Kurklinik würde er sich jetzt erholen. Dabei hat sich nur seine Frau von ihm getrennt. Das ist doch kein Grund, um plötzlich wieder gesund zu werden. Jetzt muß ich sehen, wie ich die Alte wieder loswerde. Diese hysterische Kuh ist nutzlos, wenn sie die Firma nicht erbt. Das Theater jedesmal in der Kiste – statt das ich mich einfach an ihr abreagieren könnte, muß ich sie auspeitschen und dabei den Namen ihres Mannes rufen. Nun gut, daß hat jetzt ein Ende. Jetzt stellt sich für mich die Frage, ob die Frau für Rattengift empfänglich ist, oder ob ihr Stoffwechsel das Zeug zum Überleben braucht.
Capitulum XI
Tja, das Leben könnte so schön sein und arbeiten wirklich Spaß machen. Aber ich bin nicht im Büro beim Geld verzocken, sondern in der Kaufhalle an der Schlange zur Kasse. Hinter mir sind die beiden kaputten Weiber aus der Verwaltung zu Potte gekommen und haben sich jeweils für einen Dornfelder Rosé entschieden. Das Gesöff muß man gut kühlen, bevor man es in den Ausguß kippen kann.
Wenn ich mir die Beiden so anschaue, brauche ich keine Kristallkugel, um in ihr Zukunft blicken zu können. Irgendwann landen sie an einer Hotelbar in Mombasa. Offiziell gilt der Spontanurlaub dem Ausspannen und inoffiziell dem Entspannen. An dieser Bar saufen sie sich die ersten zwei Tage ins Koma, bis sie keine Hemmungen mehr haben und genau das tun, weswegen nicht nur sie hier sind: Ein junger Wilder wird ihnen das Gehirn aus dem Leib vögeln und ihnen den ersten und einzigen Orgasmus ihres Lebens bescheren. Der macht das nicht, weil er Spaß an der Sache hat, sondern weil sein Schwanz alles ist, was er besitzt und weil er, wenn er Glück hat, sein Visa nach Europa bedeuten kann. Wie beschissen ein Leben in Armut und zwischen Wellblechabfällen doch sein muß, wenn man keinen anderen Ausweg sieht, als scheinbar vermögende alte Schreckschrauben durchzunudeln. Wenn er Pech hat, und er hat meistens Pech, quatscht die Alte am Abreisetag nicht mehr von Liebe, sondern von schmerzender Trennung und wenn er dabei den Tränen nah ist, bekommt er einen Zehner als Abschiedsgeschenk.
Die Hotels in Afrika sind voll mit solchen Gestalten und der ganze Kontinent lebt von dem europäischen Sextourismus beiderlei Geschlechts. Männer allerdings sehen die ganze Sache pragmatischer: Sie lassen sich vorher von ihrem Hausarzt untersuchen und werden gegen alle Eventualitäten geimpft. Bevor sie sich dann eine junge Schwarze ins Bett mieten, schicken sie die duschen und schrubben sie mit deutscher Seife. Wenn sie dann ihre Sache gut erledigt haben, bekommen sie auch ihren Zehner. Im Gegensatz zu Frauen besitzen Männer so viel Anstand, diese Dienstleistung sofort und in bar zu bezahlen.
Bezahlen werde ich jetzt auch. Die Schlange vor mir ist komplett durch die Kasse und löst sich gerade auf dem Parkplatz auf. Ich fühle mich matt und ausgebrannt. War das nun Arbeit oder mein Freizeitvergnügen? Ich weiß es nicht, aber es geht mir jetzt besser.
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Alter Tscheche! Auch wenn es mir zu lang ist, um es im ganzen zu lesen (muss bald los, trink nur noch meinen Kaffee aus), hab ich schon bemerkt, dass du auch auf die Beinbehaarung bei Frauen achtest, was für einen echten Scharfsinn, wie ihn nur noch wenige Agenten des sorbischen Geheimdienstes haben, spricht...
AntwortenLöschen...den Rest heb ich mir für später auf. Die Leiden des jungen T.! ;o) bispäda
So war es auch gedacht: Als Fortsetzungslektüre für üble Stunden. ;-) Es nicht nur für naive zarte Seelen, sondern auch für erfahrene Spötter, die mit beiden Beinen im Sumpf des Lebens stehen, zum schmökern geeignet. Ein kleiner Nachtrag sei mir noch erlaubt: Über allem hängt ein Hauch von Zwinker. *g*
AntwortenLöschenbis denne!
So, fertzsch! Wie immer sehr spitzäugige Beobachtungen und gewohnt trockenen Worten, wenn auch sehr sexuell diesmal. ;o)
AntwortenLöschenPreiswerter Rosé ist immer eine gute Wahl! Zumindest, wenn der einfache Mann ein gepflegtes Nachtpicknik machen will, etliche Male im Großen Garten probiert, hehe...
Und, ja, Protest darf Spaß machen, kann auch gern Evntcharakter haben, siehe eben Stuttgart. Da erinnere ich mich noch finsterst an Leute, die den ersten Golfkrieg dermaßen geil fanden, weil man da Schilder malen konnte und Kerzen davorstellen und so was. Hach, wie einfach die kleinen Freuden manchmal sein können!
Sehr schön!
Das ging ja fix. Ich danke!
AntwortenLöschenNaja, Sexualität lernt man irgendwann kennen und dann wird man sie nicht wieder los. Über die Jahre ändert sich die Einstellung dazu und wenn man einschlägigen Studien glauben darf ... Egal. Verbuchen wir es unter Informationspflicht.
Der zweite Golfkrieg war insofern besser, weil er das Ende des Sendeschlusses im TV einläutete. Damals gab es nachts aller Stunde heiße News aus der Wüste und dazwischen gabs plötzlich Spielfilme. Das hat man dann so beibehalten. Proteste dagegen gab es glaub ich keine. Eine These lautet ja: Krieg ist die Lokomotive des Fortschrittes. *g*
Der Dornfelder Rosé steht übrigens im Kühlschrank. :-D
G-E-P-F-L-E-G-T-! ;o)
AntwortenLöschenLasst was davon übrig! Ansonsten mußt du nächste Woche ja schon wieder der quälendschönen Einkaufstat frönen. *g* Ich wünsch Dir einen schönen Abend. Ohr zu und durch! *fg*
AntwortenLöschenDanke. Werden ich haben. Im Moment stehen hier 5 Fremdtöpfe mit Gastessen auf dem Herd, aber die zwei verbliebenen Gäste sind noch unterwegs. Toll nicht? Der für dich mitgebrachte Oregano verwelkt auch in der Vase.
AntwortenLöschen5 Fremdessentöpfe?Konnte die wieder jemand nicht schlafen?Naja zum Glück gibt es 7köpfige Raupen wa?*lach*
AntwortenLöschenich meinte konnte da jemand wieder nicht schlafen......orrrrr ich geh ins Bett lieber......Tag abhaken und gut ist!Hab dich lüüübbbbb;-)
AntwortenLöschenJa, fünf Töpfe und für dich wäre nichts eßbares dabeigewesen. *g* Einem gemeinsamen Edeka-Bummel hätte somit nichts im Wege gestanden. Aber nächste Woche ist ja auch noch ein Donnerstag. :-)
AntwortenLöschenFünf Töpfe? Irgendwann steh ich mal unangemeldet zur Verkostung vor deiner Tür, hehe!
AntwortenLöschenFünf mal was anderes? Oder variable Beilagen? Oder Bocki, Weisswurst, Wiener, Frankfurter und Krakauer getrennt?
Was ist eigentlich mit der Bilderrätselei los? Seit Tagen nichts zusehen, hat man schon eine Lösegeldforderung für Zazinka geschickt?
Ohmann, gleich, also in wenigen Minuten, wenns nur schon so weit wäre, gibts gebackenen Käse... Habichhunger! Egal, bis dahin tut es ein kaltes Bier, hat auch ein paar Nährstoffe.
Übrigens: am 19. August sind Dré Imbicz am Goldenen Reiter. Stadtfest ist zwar meistens für den Po, aber immerhin gratis.
Hei hei hei, Mari!
@Octa
AntwortenLöschenWenn du Rose mitbringst ...
@ til_o:Nächsten Donnerstag gibts einen ordentlichen Braten. Ich verpflichte mich freiwillig, um meine Nichtanwesenheit letzte Woche wieder gut zu machen. Mit Rotkraut. Das muß man erst schnippeln und dann ... *fg*
Kannste machen Octa. Ich wohne schräg gegenüber vom Edeka. *g*
AntwortenLöschenNormalerweise betreiben wir keinen so großen Aufriß beim Essen. Da gibts nur einen Gang und ferdsch.
Klingt gut. Also werde ich im August mal zum goldenen Reiter tingeln. Vielleicht kommt ja meine do-Runde mit. Etwas Kultur könnten die schon vertragen.
Zaza scheint ja wieder vor Ort zu sein. Die Entführer haben das Lösegeld bezahlt und sie in den Bus nach Hause gesetzt. Das war zu erwarten. *g*
@ Frau RWE: Das Stück Schwein wird aber geröhrt so wie ich es mache. Man nehme ...
Soll ich ne Rose mitbringen, oder Rosé? Macht nen Unterschied, nicht das man mich nachher nicht erkennt (obwohl: schwarzer Balken vor den Augen ist schon markant!)...
AntwortenLöschen...Ja, auf einmal war sie wieder da! ;o)
*g* Ich bin gestern in ein tiefes Grübeln verfallen, bei der Frage, was die Frau mit einer Rose will. Essen? Sich ins Haar flechten? Nein, jetzt, wo du es sagst: Sie meint natürlich einen Rosé. Zartherb bis trocken paßt am Besten. *fg*
AntwortenLöschenDie Herren mögen mir meine kleine Ungenauigkeit entschuldigen. Aber: Ich nehme beides - Rose und Weißherbst!
AntwortenLöschenna denn: Prosit! ;o)
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