Untergehen ist das Eine, unter der Oberfläche bleiben das Andere. ;-)

Donnerstag, 17. Februar 2011

Guten Morgen! Aufgewacht!


»Das Scheitern ist die Aufgabe des Idealisten.« (aus: Til van der Hasze, Ungeschriebene Bücher, 2010)

Ich habe Angst. Ich weiß nicht, woher ich komme. Ich weiß nicht, wohin ich will. Aber ich weiß, wo ich bin: Am Steuer meines Wagens auf einer nassen Achterbahn. Dort, wo wahnsinnige Organspender mit ihrer Selbstverwirklichung, ihrem von anderen, vermeintlich wichtigen, omnipotenten Totalversagern aufgezwungenem Erwartungsdruck und dem Freitod dreispurig russisches Roulett spielen.
Der Horizont zeigt grau verschleiert in das Nichts und hält einen großzügigen Sicherheitsabstand zu mir konstant ein. Um mich herum schlingern blinde Geisterfahrer in ihren rasenden Boliden, die mit mir Schlittenfahren möchten. Sie glitzern mich panikrotgrau an.

Ich habe Angst. Es gibt keine Bremse. Aber eine Abfahrt, die sich, vermeintlich harmlos, als Parkplatz entpuppt.

»Du willst mal pullern! Stimmts?«

Schweißgebadet zitternd bestaune ich, nach atembarer Luft ringend, dieses, von einer gut sortierten Trinkhalle ausgekotztes, leicht vor sich hin schmierendes Männel.

»Da gehste dort rüber!«

Routiniert wichtig reißt er seinen Arm, clownesk schiedsrichterhaft verzerrt, mit weit gespreizten, merkwürdig sauberen Fingern, in Richtung des angrenzenden fahl-grün verfärbten Wäldchens.

»Den Trampelpfad lang, bis zu den drei Eichen. Dort nimmst du die linke! Die ist für die Gäste hier bestimmt! Du willst doch weiter? Du bleibst doch nicht hier? Oder?«

Ich weiß nicht, was ich will.

Doch. Ich will hier weg, aber nicht zurück auf die Autobahn. Im Lose ziehen hatte ich noch nie Glück, und ich kann, ich will meinen Ahnen noch nicht unter die sehr wachen toten Augen treten.

Dieser Parkplatz kommt mir sehr vertraut vor. So wie man Pest und Cholera zu kennen glaubt, wenn man sein Leben auf der Überholspur mit dem Leben bezahlt und hier geparkt wird, bis sich eine Rückfahrkarte erbarmt. Da schlittere ich dann doch lieber weiter auf der Standspur ins Nirgendwo.

»Gut, also die linke Eiche. Vielleicht hast du ja Glück.«

Müll. Ich wate durch Müll. Mitten in der Anderwelt umkreist mich ein Gulag aus vergessenen Träumen, verlorenen Wünschen und zu Schlamm zerfallenen Illusionen. Weißgetafelte Schlachtbänke bahren faulende Erinnerungen in Regalen auf. Sie tropfen kalt und grün auf maßgeschneiderten Beton. Hier brennen keine Kerzen mehr. Nur die toten Augen gefallener Krähen bergen noch etwas Leben in sich. Sie spiegeln mich.

»Du hast kein Glück! Es bleibt alles so, wie es ist. Außerdem ist dein Kaffee alle.«

Fledermausartig orakelt der Wald zu mir, mein Magen verkrampft sich und ich finde die Eiche nicht. Nur drei Stümpfe offenbaren sich modernd, im Brackwasser des Vergessens. Ich versage mich ihnen.

Weiter oben, den verharschten Hang hinauf, übt sich ein Luftschloß im Maskenball. In Nebel gehüllt lockt sein Park mit irrlichternden Erwartungen. Sie schwinden und verweigern sich zu einem Labyrinth, das sich als Minenfeld scheinbar endlos weiter in die Höhe zieht. Rostige Splitter bluten in den Bäumen um mich herum.

»Du hast kein Glück. Es bleibt alles so, wie es ist. Gott würfelt eben nicht.«

Ihre Augen sind blau und sie blicken grau. Nebulös aufgedunsenes Nichts stellt sich mir in den Weg. Ihr Zeichen der Zeit ist mir ins Gesicht geschminkt. Eine sanft entschlafene Fratze. Ich muß mich nicht erbrechen. Nicht mehr.


Einen Subway gibt es immer und ich tauche in ihn ein. Die Rolltreppe ist gut und hart gepolstert und wird vom Stalingedächtnisstil umrahmt. Sie endet diesmal auf meinem neugeborenem Hochhaus. Die Sonne wirft kraftlos eine leere Flasche Wodka nach mir, und im Himmel überschlägt sich ein Reigen aus buntem Briefpapier. Die Ampel schaltet auf grün, zeigt nach unten und ich springe in mein infarktierendes Herz. Umschmeichelt von einer Stimme ... »Guten Morgen! Aufgewacht! ...«


Bleib locker Danny und laß das Auto stehen. Du mußt mich nicht retten kommen. Mir geht es saugut. *g*

5 Kommentare:

  1. Ja, nicht? Mein Galerist ist schon ganz aufgeregt in Polen, in gewissen Kreisen, involviert und Frau Rot-Weiß-Erfurt sitzt in einem Schweizer Schließfach und wäscht Zloty.
    Mensch Octa! Du warst jetzt mindestens einen Monat verschollen! Ich werde gleich mal bei dir vorbeischauen. Das gibts ja wohl nicht ...

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  2. Es waren genau 4,5 Tage, mir kams aber vor wie Jahre! Verflucht auch... Ich sollte jetzt vielleicht was rühriges sagen, bin aber selbst noch völlig überwältigt! Jajajippiejippiejäääha!!

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  3. Zeit ist eben relativ Octa, *schneuz* und nu ist‘s gut mit der Wiedersehensfreude.

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  4. jawohl, nehmen wir wieder haltung an. HAAALTUNG! ;o)

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